Vom Rosenfest
zum Backfischfest
Nibelungenrezeption in Worms

Ein Dia-Vortrag von Eichfelder

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Prolog: Die Rezeption bis zum Beginn des 20. Jh.
I. Rosenfest und Rosengarten (1900 - 1910)
II. Nibelungenwoche und Backfischfest (1910 - 1933)
III. Nibelungen im Stechschritt (1933 - 1956)
Epilog: Die Wiederentdeckung nach 1996



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Die Nibelungenbilder
von Schmoll von Eisenwerth

Die Verbundenheit der Wormser zu ihren Nibelungen aber blieb.

Z
wischen 1910 und 1915 entstand der wirklich bedeutende Nibelungenzyklus von Karl Schmoll von Eisenwerth im neu gebauten Haus zur Münze.
Hier sehen Sie den Künstler mit seinem Werk, auf diesem Bild erkennt man sehr schön, wie monumental diese Bilder angelegt waren.

Und hier bekommen Sie einen Eindruck davon, wie diese sieben Wandfresken im sog. Nibelungensaal des Cornelianums (bzw. Haus zur Münze) angeordnet waren.

Die Arbeiten wurden leider im 2.ten Weltkrieg ein Opfer der Flammen, weil man trotz mehrmaliger Bittschreiben des Künstlers, nicht in der Lage war, sie rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

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Glücklicherweise sind uns zumindest Farbaufnahmen überliefert, was für diese Zeit absolut nicht selbstverständlich ist. Doch das ist natürlich nur ein schwacher Trost.


1914 nimmt sich der Stadtrat erstmals dem Gedanken dauerhafter Nibelungen-Festspiele an. Die Initiative geht dieses mal direkt von dem damaligen Oberbürgermeister Heinrich Köhler und dem Mäzen und Lederindustriellen Cornelius Wilhelm von Heyl aus.

Diese Abbildung zeigt Cornelius Wilhelm von Heyl, in jungen Jahren. Heyl war, das muss ich an dieser Stelle nochmals betonen - maßgeblich an der Stadtgestaltung beteiligt, er stiftete nicht nur das Hagendenkmal oder die Werke des Schmoll von Eisenwerth, samt dem Gebäudekomplex, indem sie sich befanden, er zeichnete darüber hinaus auch mit verantwortlich bei der Entstehung des Museums, usw. es wäre ein eigener Vortrag, auf die Leistungen dieses Mannes einzugehen.

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1914 jedenfalls versuchte er Aufführungen des Hebbel-Stücks im zweijährigen Turnus zu initiieren, die erste Vorstellung war für Juni 1915 geplant, doch auch hier, wie schon bei dem Rosengarten-Projekt im Wormser Wäldchen verhinderte der Ausbruch des ersten Weltkriegs die Umsetzung.

Nach dem Krieg konnte der schon lange geplante Siegfriedbrunnen vor dem Haus zur Münze errichtet werden.


1922 wurden schließlich erneut Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel die Hebbel-Festspiele in Worms zu institutionalisieren, doch dieses Mal scheitete das Vorhaben an der Weltwirtschaftskrise. In den Jahren danach werden die Ideen weiter diskutiert, bleiben aber ergebnislos.


Die Nibelungenwoche 1928

Erst 1928, bezeichnender Weise mit der Rückkehr Konrad Fischers nach Worms, kommt es zu neuen Aktionen.
Im Sommer dieses Jahres findet nämlich eine Nibelungenwoche statt.
Es werden Vorträge angeboten, eine Aufführung von Wagners Siegfried (aus dem Ring der Nibelungen) ist im Festhaus zu sehen, ferner wird der Stummfilm "Die Nibelungen" von Fritz Lang gezeigt und auf dem Rosenfest wird erstmals eine Wormser "Rosenkönigin" gekrönt (aus früherer Zeit ist uns zumindest keine überliefert).

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Die so groß angelegte Nibelungenwoche geriet allerdings zum Misserfolg und zum finanziellen Desaster, schlechtes Wetter führte zum Ausbleiben der Besucher. Die Presse bemängelte zudem ein eigenes Profil der Veranstaltung "Worms brauche eine unverwechselbare Inszenierung des Nibelungenstoffs, um Kulturtouristen von Außerhalb an den Rhein zu locken". (Zitat: Peter Bender)

Das Konzept dieser Veranstaltung war nicht schlecht, Rosenfeste gibt es sicher an vielen Orten, es gibt sicher auch viele Rosenköniginnen, aber gerade in Worms finde ich, sollte man diese Tradition - und zwar gerade jene mit der Rosenkönigin, wieder aufnehmen bzw. fördern.


Es ist mir nicht entgangen, dass seit wenigen Jahren in der Karl-Marx-Siedlung eine Rosenkönigin gekürt wird.
Bezeichnenderweise ist es auch gerade dieser Teil von Worms, der, zumindest meiner Meinung nach, noch am ehesten mit dem sagenhaften Rosengarten in Verbindung zu bringen ist, ... aber das ist eine andere Geschichte

Bild: Rosenkönigin von 1928

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Das Wormser Backfischfest

Eine zweite Nibelungenwoche findet jedenfalls nicht statt, es wurde auch keine geplant, ... nach diesem Flop wollte man erstmal gar nichts mehr von den Nibelungen hören.

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Konrad Fischer, mittlerweile Verkehrsdirektor von Worms, zog hieraus seine Konsequenzen und konzipierte ein völlig anderes Fest.
1932 hatte er angeblich beim Backfischessen in seiner Stammkneipe die zündende Idee zum Backfischfest.
Bzgl. der Tradition wollte er sich mit jener der Fischerzunft begnügen, und verzichtete auf die gewaltige, schwere und sagenhafte Vergangenheit der Stadt.
Doch bevor das Fest 1933 erstmals stattfinden konnte, mussten diverse Hürden überwunden werden, die Angst vor einem erneuten Flop war präsent, niemand wollte ein zu großes finanzielles Risiko auf sich nehmen, ... konnte man auf Fischers Ideen vertrauen?
Denn bisher waren seine Vorschläge immer groß gedacht, man denke an den Rosengarten, das Rosenfest oder die Nibelungenwoche, aber erfolgreich waren sie nicht.


Dementsprechend schwierig war es für Fischer einen Festwirt und bereitwillige Schausteller zu finden, und dann war noch eine andere wichtige Gruppe zu gewinnen, die Wormser Fischer. Die Fischerwäder zögerten zunächst sich für eine solche Schnapsidee herzugeben. Ein Backfischfest ohne die Fischer wäre aber kaum denkbar.
Und Konrad Fischer gelang es, 1933 hob er das Backfischfest aus der Taufe!
Auf diesem Plakat von 1934 könnte man noch eine gewisse Verbundenheit zu den Nibelungen erkennen, doch der grimme Hagen lacht ... und freut sich über die Backfische. Fischer hatte sich endgültig von den Nibelungen verabschiedet und er verließ Worms erneut.

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Dem Backfischfest war und ist ein dauerhafter Erfolg beschieden. Mittlerweile ist es zu einem der größten Volksfeste am Rhein avanciert.



Eines seiner wichtigen Bestandteile ist neben dem Festzug und dem Fischerstechen auch der Gesellentanz, der bereits 1926 von Dr. Illert neu entdeckt wurde.

Erstmals erwähnt wurde dieser Tanz im Jahre 1483, er könnte aber auch deutlich älter sein.

Natürlich ist die Tanzform nicht genau überliefert, aber der Hinweis, dass dieser Tanz bis ins 18. Jh. hinein auf dem "Wiesengang" getanzt wurde, stellt ihn in die Fest-Tradition der Wormser, denn der "Wiesengang" bzw. das jeweils Anfang Mai gefeierte Laubwiesenfest, war Jahrhunderte lang der Vorläufer von Sedansfest, Rosenfest und Backfischfest.

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