Vom Rosenfest
zum Backfischfest
Nibelungenrezeption in Worms

Ein Dia-Vortrag von Eichfelder

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Dom, Foto: Heinz Angermüller ..



Prolog: Die Rezeption bis zum Beginn des 20. Jh.
I. Rosenfest und Rosengarten (1900 - 1910)
II. Nibelungenwoche und Backfischfest (1910 - 1933)
III. Nibelungen im Stechschritt (1933 - 1956)
Epilog: Die Wiederentdeckung nach 1996



Das Sedansfest hatte zu dieser Zeit noch keine sonderlich lange Tradition und ging auf den Sieg über Napoleon III. bei Sedan im Jahre 1870 zurück, es war ein Fest mit stark national-militärischem Charakter, die Hauptakteure waren Sportgruppen, Feuerwehrkapellen, Veteranen- und Militärvereine.

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Zu Beginn des 20. Jh. fand diese Art des Feierns bei der Bevölkerung nur noch wenig Anklang
... und hier betritt ein Mann die Bühne, der uns in der folgenden Entwicklung dieser Geschichte immer wieder begegnen wird; es ist Konrad Fischer.
Der Redakteur vom "Wormser Tagesblatt" hatte in Anlehnung an das Rosengartenlied zusammen mit Georg Roeß die Idee zum Rosenfest.



Das erste Fest von 1904 bot ein buntes Programm mit volkstümlichen Musik- und Theateraufführungen.

Die Bevölkerung (wohl vornehmlich der weibliche Teil) bastelte im Vorfeld eifrig Papierrosen, ...

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und auf diesem Bild kann man erahnen wie eifrig diese Damen wirklich waren ...
Die Stadt verwandelte sich in einen Garten aus bunten Papierrosen, es gab einen Umzug und den dazugehörigen Rummel. Die Veranstalter gaben sogar eigens Rosenfest-Hefte heraus.




Der Wormser Rosengarten

Im folgenden Jahr (also 1905) kombinierte Konrad Fischer die gerade laufenden Arbeiten an der Stadtparkgestaltung im Wormser Wäldchen mit seiner Rosengarten-Idee und startete einen Rosengarten-Wettbewerb.

Dies tat er auf zweierlei Weise:



Zum einen verfasste er zusammen mit Georg Roeß ein Schreiben an Künstler aller Sparten mit der Bitte, sich an einer Festschrift "
Der Wormser Rosengarten" zu beteiligen. Die Resonanz war recht groß, selbst, wenn viele der 60 eingegangenen Beiträge eine zweifelhafte Qualität aufwiesen ... bzw. jene von bedeutenderen Persönlichkeiten waren sehr knapp gehalten.



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Zitate aus dieser Festschrift möchte ich ihnen an dieser Stelle ersparen, vielleicht nur dieses eine, welches stellvertretend für die übrigen stehen soll:

Rosenwunder

Zu Worms am heiligen Strome; Da ist in glühender Pracht
Der Rosen uralter Zauber; Zur Herrlichkeit erwacht

Der Schönheit selig Geheimnis; In Farben und Düften erhöht,
Von Worms im Rosengarten; Alldeutschland wonnig durchweht.

Der Trübsinn ist im Weichen; Die Sonne jubelt darein
O Heimat ohnegleichen; O Rosenwunder am Rhein.



Der zweite Teil des Rosengarten-Wettbewerbs war dagegen eher praxisorientiert

und wendete sich in erster Linie an Architekten und Gartenbau-Architekten.

Der Aufruf lautete wie folgt:

"In Worms, der alten Nibelungenstadt, soll der sagenhaften Vergangenheit ein Denkmal gesetzt werden, doch nicht in Stein oder Erz, sondern durch die Natur in Gestalt eines wild wachsenden, farbenprächtigen Rosengartens."
Neben der Aussicht auf ein eher kärgliches Preisgeld erhielten die Wettbewerbsteilnehmer Fotos, die bereits vorgestellte Festschrift, eine Reclam Ausgabe des Rosengartenliedes und diesen Geländeplan des betreffenden Gebiets vom Wormser Wäldchen.

Für den Rosengarten bereits vorbereitet waren zu diesem Zeitpunkt eine Erdaufschüttung, der sog. Äschebuckel (rot markiert), ein Ulmenplatz (grün markiert), diverse verschlungene Wege.

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Außerdem sollte das von Freiherr von Heyl für den Rosengarten gestiftete und von Johann Hirt 1905 ausgeführte Hagendenkmal (hier sehen Sie das Werk im Atelier) zusammen mit einer Brunnenanlage im Park eingebracht werden.


Die Resonanz war mit 47 Beiträgen recht beachtlich und der Rosengartenausschuss hatte seine Not auch hier die Spreu vom Weizen zu trennen.


Prämiert wurden folgende Projekte, die 1906 erstmals vorgestellt wurden und die ich Ihnen an Hand der Abbildungen in aller Kürze erläutern möchte:
Den ersten Platz und ein Preisgeld von 500,- Mark teilte sich der Entwurf "Turnierplatz" des Gartenbaudirektors Enke aus Köln mit dem Beitrag "Bitte schön" des Architekten Johannes Bollert aus Dresden.




1. Preis: "Der Turnierplatz"

Der "Turnierplatz" wurde von professioneller Hand gestaltet, es ist ein sehr knapper Beitrag, dem es jedoch an nichts fehlt, erfrischend durch die Konzentration auf das Wesentliche.

Der Ulmenplatz wurde durchschnitten, manche Ulmen verpflanzt, der Turnierplatz im Plan oben links nach epischen Maßen gestaltet, in Form einer röm. Arena.
Bild unten: Turnierplatz mit Hagendenkmal und Brunnen.

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1. Preis: "Bitte schön!"

Insbesondere durch seine perspektivischen Zeichnungen besticht der Entwurf "Bitte schön".
Auf dem ersten Bild sehen Sie den Eingangsbereich zum Rosengarten (Burgtor)
das zweite Bild zeigt das zwischen Hecken gelegene Wasserbecken vor dem Hagenstandbild.

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Links:
Der projektierte 19m Hügel.

Rechts:
Der Rosenpavillon auf dem 19m Hügel.


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2. Preis: "Rosen und Minne, der Taten Sold"

Den zweiten Platz (und ein Preisgeld von 200 Mark) erreichte der Entwurf "Rosen und Minne, der Taten Sold" eines Architektenteams aus Offenbach
(Lageplan) Das interessante an diesem Plan ist dieses Naturtheater (rechts) angedacht für z.B. Hebbels Nibelungen, Anhöhe als Plateau geplant)


Eingangspartie mit 12 Megalithen, die Sandsteinblöcke dienen als Symbol für die 12 Ritter, die den Garten bewachen

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Links:
Gartenpavillon an der Wegkreuzung östlich vom Ulmenplatz

Rechts:
Umgebung des Hagenstandbildes




3. Preis: "Rosendom"

Der dritte Platz mit dem viel versprechenden Titel Rosendom ging an eine Arbeitsgemeinschaft aus Bensheim und Trier.


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Das besondere an diesem Vorschlag ist der Entwurf des projektierten Hügels in Pyramidenform.
A
uf der oberen Plattform war der Rosendom geplant, ein ebenfalls pyramidenförmiger mit Rosen überwachsener Pavillon, der allerdings nicht zu jeder Jahreszeit so prachtvoll aussehen würde.



Angekaufter Entwurf: "Gartenbau"


Hier noch ein letzter Entwurf eines Gartenarchitekten aus Magdeburg (Auch hier Hauptachse durch den Ulmenplatz, Nischen für Denkmäler ...)

Durchblick vom Eingang auf den 19m-Hügel


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Alles in allem sind jede Menge Vorschläge mit durchaus brauchbaren Anregungen eingegangen, realisiert wurde jedoch keiner der Beiträge, denn weder die Stadtverwaltung, noch der Rosengartenausschuss hatten dafür, und das klingt selbst nach 100 Jahren sehr aktuell, keinerlei Mittel.

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Bis 1910 wurden zwar in Eigenregie 10.000 Rosen angepflanzt, weitere 8.000 kamen bis 1914 hinzu, doch spätestens dann machte der 1. Weltkrieg einen Schlussstrich unter das allzu ehrgeizige Projekt.
Der Äschebuckel wuchs auf 12m, die vorgesehenen 19m erreichte er nie.




Bis zu seiner erneuten Umgestaltung im Jahre 1932 muss der Park dennoch sehr anschaulich ausgesehen haben.

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Hier sehen Sie das Hagendenkmal im Wäldchen,
im Zuge der Umgestaltung fand es ebenfalls 1932 seinen zugegebenermaßen sinnvolleren Platz am Rheinufer.

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Die Rosengarten-Idee wurde übrigens nicht mehr aufgegriffen, erst mit meinem Entwurf zu einem labyrinthartigen Rosengarten im Rahmen der Blickachse 1999 kam der Gedanke wieder zum Vorschein. Doch die Problematik bzgl. der Finanzierung ist die gleiche wie 1906, es bedarf einer Landesgartenschau in Worms und der entsprechenden Unterstützung, um ein solches Projekt zu realisieren.

Soweit der Ausblick in die Zukunft ...



Die Nibelungen-Festspiele 1906

Doch ich möchte noch einen Moment im Jahre 1906 verweilen, denn neben der Diskussion um den "Wormser Rosengarten" wurden in diesem Jahr anlässlich des Rosenfestes erstmals "Die Nibelungen" von Hebbel aufgeführt.

Hier sehen Sie eine der wunderschön gestalteten Festpostkarten, mit einer Abbildung des städt. Spiel- und Festhauses, in dem die Aufführungen, übrigens an drei aufeinander folgenden Abenden statt fanden, denn so lange dauert die ungekürzte Version Hebbels.

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Wenn man von den Darbietungen im Spätmittelalter absieht, waren dies die ersten Nibelungen-Festspiele in Worms.
Unter der Schirmherrschaft des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein der samt seiner Gemahlin die Aufführung im städt. Spiel- und Festhaus erlebte, mauserte sich das Rosenfest in seinem dritten Jahr zu einer fast schon festen Institution.

Hier sehen Sie das prachtvoll im Jugendstil gestaltete Plakat, eine wirklich gelungene Arbeit, ... alles scheint zu stimmen.
Und doch war diesem Fest keine Dauer beschieden, da es offensichtlich nur durch das Engagement von Konrad Fischer getragen wurde.
1907 wurde das vorerst letzte Rosenfest veranstaltet, denn in diesem Jahr verkaufte Fischers Vater das Wormser Tageblatt an die Wormser Zeitung und Konrad Fischer zog mit seiner Frau (einer Französin) zuerst nach Deutsch-Südwestafrika, dann nach Metz.

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