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TAGUNG |
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Germanische Mythologie
und Rechtsextremismus
- Missbrauch einer anderen Welt
Tagung am 22. und 23. November 2013 in Worms und Osthofen
Tagungsbericht zum Symposium von Jonas Binkle.
Erschienen in "theologie.geschichte 9 (2014)", eine Zeitschrift der Universität des Saarlandes.
Veranstalter
Nibelungenlied-Gesellschaft Worms e.V. in Kooperation mit Nibelungenmuseum Worms,
Stadt Worms, Landeszentrale für politische Bildung, Förderverein Projekt Osthofen e.V.
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Tagungsband
Erschienen beim Worms-Verlag
152 Seiten
eine Schwarzweiß-Abbildung
Broschur
1. Auflage 2015
Worms-Verlag
978-3-944380-24-7
16,50 €
zzgl. Versandkosten
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Germanenbilder
seit der Aufklärung
Bei Montesquieu (1748) gibt es den „esprit des lois“ und bei Voltaire (1756) den „esprit des nations“. In der deutschen Übersetzung “Volksgeist” verliert dieser Geist an Esprit, an überraschender Erkenntnis und rhetorischer Überzeugungskraft. Der Enthusiasmus, die Begeisterung des französischen Wortes erhält eine ebenso dunkle Note wie der Volksbegriff. Und das kommt nicht von der denkerischen Tiefe, die der klassischen deutschen Kultur nachgesagt wird, sondern vom nationalistischen und rassistischen Missbrauch der Worte Geist und Volk im Deutschland des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Von der Spätaufklärung bis zur Niederlage der Demokraten 1849 war eine republikanische und europäische Lesart möglich, in der Freiheit und Gleich- heit als zentrale Begriffe einer politischen Mythologie der Deutschen verstanden werden konnten, und zwar verbunden mit einem föderalen Kulturbegriff, der auf Bildung setzte statt auf Gewalt.
Ein bisschen wie die Irokesen waren da die alten Germanen, edle rousseauistische Wilde, die in den Wäldern des Nordens in ihrer selbstverständlichen Freiheit auch Geschwisterlichkeit und Gastfreundlichkeit ausstrahlten, eben republikanische Gegenbilder zum dekadenten, machthungrigen Feudalismus und eine Alternative zur Maschinenideologie des autoritären Staates.
Schon Tacitus hatte seine durch die römischen Caesaren verratenen republikanischen Ideale in die barbarischen Germanen hineingeträumt. Und die Germanen unterschieden sich über Jahrhunderte in den Bildern der Überlieferung kaum von den Kelten, die erst nach dem mörderischen Versagen der Deutschen an der Aufgabe der Humanität im Nationalsozialismus zu deutschem Ahnenersatz wurden. Noch Friedrich Engels arbeitete 1848 mit dem Positivbild des roten Siegfried für die Rebellen: „Wir wollen hinaus in die freie Welt. Für Riesen und Drachen haben die Philister auch gesorgt, namentlich auf dem Gebiete von Kirche und Staat.“ Die Republik verliert ein Jahr später in Deutschland.
Es bleibt nur der ins Nationalistische gewendete Einheitsbegriff, dessen Begeisterungspotenzial von den politischen Eliten ins Dunkel von Rassismus und Chauvinismus umgelenkt und als Energieabfuhr für die am in- dustriellen Alltag erkaltenden Gemüter genutzt wird.
Die Germanen mutieren von republikanischen Hippies zu gefühllosen Panzerkriegern, die nur noch in den Tod verliebt sind, nicht zuletzt eine Reaktion auf die Erfahrung junger Männer im ersten Weltkrieg. Während der hochmittelalterliche Autor des Nibelungenlieds den selbstverschuldeten Untergang der Burgunder eher als Warnung denn als Vorbild inszeniert, macht Göring daraus seine verlogene Stalingradpropaganda: Krieg wird total. Solche Gewaltphantasien sind es auch, die rechtsextremistische Mentalität heute speisen und am Ende zu Mord und Totschlag führen. Dafür müssen immer wieder Bilder und Namen der germanischen Mythen herhalten.
Was wir heute überhaupt von den Germanen wissen, was da wie verknüpft wird, mit welchem Recht, was dem historisch entgegensteht, welche Alternativen es gibt – das wird Gegenstand dieser Tagung sein.
Volker Gallé
Vorsitzender der Nibelungenliedgesellschaft
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Download Flyer
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Freitag, 22.11.2013
ab 20 Uhr,
Wormser Tagungszentrum,
67547 Worms, Rathenaustraße 11
Einführung und Eröffnungsvortrag
Volker Gallé (Worms)
Begrüßung und Einführung ins Tagungsthema
Prof. Georg Schuppener (Erfurt)
Mit Odin für Volk und Vaterland – der Missbrauch germanischer Mythologie im Rechtsextremismus
Samstag, 23.11.2013
9 bis 13 Uhr,
Gedenkstätte KZ Osthofen,
67574 Osthofen, Ziegelhüttenweg 38
Tagungsvorträge
Prof. Rudolf Simek (Bonn)
Germanische Mythologie – Forschungsstand und aktuelle Rezeption an hand des Internets
Prof. Burckhard Dücker (Heidelberg)
Zum Traditionsrahmen aktueller Symbole und Rituale rechtsextremer Organisationen
Martin Langebach (Düsseldorf)
Germanische Mythologie in der rechten Musikszene
Prof. Franz-Josef Röll (Darmstadt)
Zur Funktion und Bedeutung von Mythen für die Identitätsbildung von Jugendlichen
Dr. Sebastian Winter (Bielefeld)
Sozialpsychologie rechtsextremer Jugendlicher
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Zu den Referenten:
Prof. Dr. Georg Schuppener
Universität Erfurt
Sprachwissenschaft,
2002 und 2005 Projekte zum Rechtsextremismus in Sachsen, Publikation: 2010/2. Auflage, Sprache des Rechtsextremismus, Leipzig
Prof. Dr. Rudolf Simek
Universität Bonn
Ältere Germanistik mit Einschluss des Nordischen,
Forschungen zur germanischen Mythologie und Religion, Publikationen: 2007, Die Edda, München; 2004, Götterkulte der Germanen, München
Prof. Dr. Burckhard Dücker
Universität Heidelberg
Germanistisches Seminar,
Forschungen zur Ritual- und Kulturwissenschaft,
Publikation: 2007, Rituale – Formen – Funktionen – Geschichte, Stuttgart
Martin Langebach M.A.
Soziologe/Sozialpädagoge (Düsseldorf)
2002 bis 2010 zahlreiche Veröffentlichungen zum Rechts-Rock
Prof. Dr. Franz Josef Röll
Hochschule Darmstadt
Gesellschaftswissenschaften und soziale Arbeit,
Forschungen zu Neuen Medien und Medienpädagogik, Publikation: 1998, Mythen und Symbole in populären Medien, Frankfurt am Main
Dr. Sebastian Winter
Universität Bielefeld
Soziologie
Publikation: 2013: Geschlechter- und Sexualitätsentwürfe in der SS-Zeitung “Das Schwarze Korps” – eine psychoanalytisch-sozialpsychologische Studie, Gießen
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