War der Nibelungenlieddichter ein Jude?

Kritische Darstellung der Argumentation von Rudolf Kreis
Rudolf Kreis: Wer schrieb das Nibelungenlied?
Königshausen & Neumann Würzburg 2002

von Hans Müller

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Hagen von Tronje, Zeichnung v. Franz Stassen ..




1.
Wer schrieb das Nibelungenlied? - Eine Einführung
2. Der Autor kommt aus dem jüdischen Umfeld
2.1 Das Judentum in Deutschland im 11. und 12. Jahrhundert, insbesondere in Worms und Mainz
2.1.1 Wachsender Wohlstand und jüdische Gelehrsamkeit
2.1.2 .. Das Zusammenleben von Juden und Christen
2.1.3 Jüdisch-deutsche Literatur im Mittelalter
2.2 Die Deutung des Nibelungenliedes aus jüdischer Sicht nach Kreis
2.2.1 Siegfried
..
2.2.1.1 Siegfried als Kreuzritter
2.2.1.2 . Siegfrieds Beziehung zu Kriemhild als Marienminne
2.2.1.3 Siegfried als Christusparodie
2.2.2 Kriemhild
2.2.2.1 Kriemhild als Braut Christi
2.2.2.2 . Kriemhild als schmerzhafte Gottesmutter
2.2.2.3 Kriemhild als Ecclesia im Kampf gegen Brünhild (Synagoga)
2.2.3 Hagen
2.2.3.1 Hagen als Jude (Hauptargumente)
2.2.3.2 . Hagen als jüdischer Verteidigungskrieger
2.2.3.3 Hagens menschliche Größe als idealer Jude
2.2.3.4 Die Deutung der Wein-Blut-Symbolik
2.2.3.5 Schlussbetrachtung
2.2.4 Die verschiedenen symbolischen Bedeutungen des Nibelungenhortes
2.2.4.1 Hinweis auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch die Kirche
2.2.4.2 . Symbol für die Auslegungen der Juden und Christen gemeinsamen Heiligen Schriften
2.2.5 Weitere Textstellen, die Kreis aus jüdischer Sicht deutet
2.2.6 Autorintention und Täterprofil des Dichters
3.

Beurteilung der Abhandlung





1. Wer schrieb das Nibelungenlied? – Eine Einführung

Das um 1200 entstandene Nibelungenlied liegt uns nicht im Original, sondern nur in späteren Handschriften vor, wobei die St. Galler Handschrift nach Meinung der meisten Nibelungenforscher dem Original am nächsten kommt. (1)
Es übernimmt germanische Sagenstoffe und historische Vorgänge, die viele Jahrhunderte zurückliegen wie den Untergang des Burgunderreichs am Mittelrhein durch Hunnen 437 und Verwandtenmorde und Königinnenstreit im Merowingerreich im 6. Jahrhundert. (2) Aber es präsentiert die Vorgänge im christlichen und höfischen Gewand der Zeit um 1200.(3) So lasse die Schwertleite Siegfrieds in Xanten, die Siegesfeier nach dem Sachsenkrieg an Pfingsten, ebenso Kriemhilds Vermählung mit Etzel in Wien am gleichen Feiertag an das prächtige Pfingstfest Barbarossas in Mainz mit der Schwertleite seiner beiden Söhne denken. (4) Die Hochzeit Kriemhilds in Wien spiegele aber auch die „Traumhochzeit“ zwischen dem Herzog Leopold VI. von Österreich mit der Enkelin des byzantinischen Kaisers 1203 wieder. Der Zug der Burgunder an den Hunnenhof entspreche dem des Kreuzfahrerheers Barbarossas von Regensburg an der Donau entlang in den Untergang. Dabei spiele die freundliche Aufnahme der Burgunder durch Rüdiger von Bechelaren auf den Empfang des Kaisers durch den König von Ungarn an. (5)
Es gibt viele Versuche, den Autor des Nibelungenliedes herauszufinden. Am verbreitetsten ist die Meinung, das Nibelungenlied sei im Umkreis des Passauer Bischofs Wolfger von Erla durch einen Spielmann, einen ritterbürtigen Ministerialen oder einen Kleriker verfasst worden. (6) Breuer sieht dagegen in dem Minnedichter Bligger von Steinach den Autor. (7) Im Laufe der Nibelungenliedforschung tauchten in oft abwegigen Spekulationen als Autoren viele andere Namen auf, so der sagenhafte Heinrich von Ofterdingen und sogar eine Nonne aus dem Kloster Niedernburg bei Passau.(8)
Eine ganz neue Vorstellung entwickelte Rudolf Kreis in seinem Buch von 2002 mit dem Titel „Wer schrieb das Nibelungenlied? Ein Täterprofil“. Er schließt aus, dass der Dichter Spielmann, Ministeriale oder Kleriker war. (S. 35) Für ihn ist es sicher, dass der Nibelungenlieddichter aus dem jüdischen Umfeld kam.


2.

Der Autor des Nibelungenliedes
kommt aus dem jüdischen Umfeld

Zur Begründung seiner Vorstellung von der Autorschaft des Nibelungenlieddichters bezieht sich Kreis ausführlich auf die Entwicklung des Judentums in Deutschland, insbesondere in Mainz und Worms, in der Zeit bis zur Entstehung des Nibelungenliedes, also im 11. und 12. Jahrhundert: seinen wachsenden Wohlstand, seine Gelehrsamkeit, die Verfolgungen, vor allem die Pogrome von 1096. Er sieht im Nibelungenlied eine jüdische Reaktion auf die oft leidvollen Erfahrungen des Judentums mit dem Christentum der damaligen Zeit. Deshalb ist es zum Verständnis der Argumentation von Kreis unerlässlich, ausführlich über das Judentum in dieser Zeit zu sprechen.

2.1

Das Judentum in Deutschland im 11. und 12. Jahrhundert, insbesondere in Worms und Mainz

2.1.1. Wachsender Wohlstand und jüdische Gelehrsamkeit
Die Juden der damaligen Zeit lebten vor allem vom Handel, insbesondere vom Fernhandel. Als Beispiel schildere ich die Situation von Worms. Bereits 1034 wurde eine erste Synagoge geweiht, Zeichen eines gewissen Wohlstandes. (9) 1074 gewährte Kaiser Heinrich IV. „den Juden und anderen Wormsern“ Zollfreiheit an königlichen Zollstätten, was den Fernhandel treibenden Juden sehr zugute kam. Derselbe Kaiser stellte den Juden 1090 eine Urkunde aus, in der er bekräftigte, dass den Juden im Hoheitsbereich des Kaisers kein Zoll abverlangt werden dürfe, dass sie in Rechtssachen nur vom Kaiser abhingen und nach ihren eigenen Gesetzen Recht sprechen dürften. Die Zwangstaufe wurde ausdrücklich untersagt. Dieses Privileg wurde von Friedrich Barbarossa 1157 erneuert und von Friedrich II. 1236 bestätigt, der es auf alle Juden im Reich ausdehnte. (10). 1184 bestätigte Friedrich Barbarossa die Zollfreiheitsurkunde von Heinrich IV., es fehlte allerdings der ausdrückliche Hinweis auf die Handelstätigkeit der Juden. (11) Das mag daran liegen, dass seit dem 11. Jahrhundert eine in den Städten emporwachsende Schicht von christlichen Kaufleuten die Juden weitgehend aus dem Fernhandel verdrängte, so dass sie auf den Trödelhandel und Geldhandel angewiesen waren. (Kreis S. 47, 57, 106) + (12) Dennoch muss man davon ausgehen, dass die Wormser Judenschaft wohlhabend war. Das bezeugt die Einweihung einer neuen großen Synagoge 1174/75 und die Tatsache, dass die Juden im 13. Jahrhundert in der Lage waren, hohe Abgaben zu entrichten. (13)
Die jüdischen Gemeinden am Rhein waren nicht nur wohlhabend, sondern auch Stätten großer rabbinischer Gelehrsamkeit. Bereits in der Mitte des 11. Jahrhunderts muss es in Mainz und Worms eine Talmudhochschule gegeben haben. Etwa von 1060 bis 1065 studierte Raschi, der ein bedeutender Bibel- und Talmudkommentator wurde, in Mainz und Worms, bevor er nach Troyes ging. Von dort blieb er in brieflichem Kontakt zu seinen Lehrern am Rhein. (14) Nach Kreis verfasste er u. a. Schriften gegen die Trinitätslehre. (Kreis S. 20)
Im 12. Jahrhundert entstand unter dem Eindruck der christlichen Mystik und als Reaktion auf die Judenpogrome von 1096 die Bewegung der Chasside Aschkenas (Fromme Deutschlands) Diese Juden betonten neben dem Studium der Bibel die persönliche mystische Gotteserfahrung. Sie erlegten sich besonders strenge Pflichten auf bis zum Streben nach Märtyrertum aus Liebe zu Gott. (15) Kreis nennt sie Gotteskrieger wie die Kreuzfahrer. Bekannt sind vor allem Mitglieder der weitverzweigten Familie der Kalonymiden, so auch Eleasar ben Jehuda ben Kalonymos, der für Kreis als Verfasser des Nibelungenliedes in Frage kommen könnte. (Kreis S. 106 - 107)

2.1.2 Das Zusammenleben von Juden und Christen
Die Haltung der Kirche gegenüber den Juden war zwiespältig. Zwar wurden sie oft als Christus- und Gottesmörder bezeichnet, was zu einem starken Antijudaismus in dieser Zeit führte. Aber man darf nicht unerwähnt lassen, dass sie als Anhänger eines „Aberglaubens“ zwar gesellschaftlich und rechtlich unter christlicher Herrschaft auf einer niedrigeren Stufe standen, aber dass sie als sichtbares Zeichen der Vorsehung galten, da sie gemäß Heilsplan am Ende der Zeit zum richtigen Glauben finden sollten. (16) Ich erwähnte schon den besonderen königlich-kaiserlichen Schutz.
Manche Bischöfe pflegten aus wirtschaftlichen oder sogar kulturellen Gründen Umgang mit Juden. (Kreis S. 13) + (17) Die Zisterzienser zeichneten sich im 12. Jahrhundert durch besondere Aufgeschlossenheit gegenüber den Juden aus, pflegten enge Beziehungen zu Rabbinern. Als Zisterziensertopos galt die Redensart:„Christen sündigen schlimmer als Juden.“ (18) Bernhard von Clairvaux, ihr geistiger Führer, prangerte zwar das Wuchern der Juden an, fügte aber hinzu, darin würden sie von Christen übertroffen. Jesus erleidet nach Bernhard von Clairvaux von christlichen Seelenverführern schlimmere Verfolgung als von Juden. (19) Auch die Judenpolitik von Papst Alexander III. (1159 – 1181) war relativ moderat, er erließ harte Gesetze zum Schutz der Juden. (20)
Dennoch darf man nicht verkennen, dass zwischen der Religion der Juden und der der Christen damals unüberbrückbare Gegensätze bestanden. Aus jüdischer Sicht bezogen die Christen zu Unrecht viele Prophezeiungen aus der hebräischen Bibel auf ihren Religionsstifter Christus, sahen sogar in ihm den verheißenen Messias, wie es besonders deutlich im Matthäus-Evangelium dargelegt wird. - Die Liebe zwischen Bräutigam und Braut im „Hohen Lied“ der hebräischen Bibel wurde als Vorausdeutung der mystischen Beziehung verstanden zwischen Gott bzw. Christus und Maria, der Kirche, sogar jedem Christen, der eine innige Beziehung zu Gott suchte. Jesus, unter Mitwirkung des Heiligen Geistes von Maria empfangen, wahrer Gott und wahrer Mensch, 2. Person der Heiligen Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist – alles das waren Vorstellungen, die dem Gottesbild der Juden Hohn sprachen. Und dass die Christen in ihrem Gottesdienst, auf welche Weise auch immer, Christi Fleisch und Blut zu sich nahmen, musste sie empören, war doch für sie der Genuss von Blut verboten. - Die Kreuzzüge, die zum Ziel hatten, den Christen den Zugang zu den heiligen Stätten in Palästina, insbesondere den zum Heiligen Grab in Jerusalem zu sichern, versprachen dort dem landlosen Dienstadel Land, führten zur Gründung und Verteidigung des christlichen Königreiches Jerusalem, was nach Kreis die Lehnsherrschaft Christi über das Heilige Land voraussetzte. (Kreis S. 88). Das erbitterte die Juden, nach deren Glauben die messianische Erlösung mit der Rückkehr der Juden ins Land Israel mit Zion (Jerusalem) verbunden war. (Kreis S. 88 + 90) + (21) Was die Juden in besonderer Weise empören musste, war die Tatsache, dass Papst Urban II. in seinem Kreuzzugsaufruf „kraft des ihm von Gott verliehenen Amtes“ allen, die während der Fahrt oder im Kampf mit den „Heiden“ ihr Leben verloren, die Vergebung ihrer Sünden zusagte, damit den Kreuzzug zu einem Heiligen Krieg erklärte. (22)
All dies wurde sicherlich in der Judenschaft beklagt, angeprangert, führte aber nicht zu Feindseligkeiten der Juden gegen die Christen, da sie als Minderheit auf deren Wohlwollen angewiesen waren.

Dagegen hatte der mehr oder weniger starke christliche Antijudaismus der Mehrheitsbevölkerung, den es trotz der auch theologisch begründeten Toleranz ihnen gegenüber gab, für die Juden erhebliche negative Auswirkungen. Obwohl Christus vor seinem Tod nach Lukas 23,34 gebetet hatte:„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“, gaben viele den Juden als Kollektiv die Schuld am Tod Christi, hatten sie sich doch nach Matthäus 27,25 selbst verflucht, als sie vor der Kreuzigung Pilatus zugerufen hatten:„Sein (d.h. Christi) Blut komme über uns und unsere Kinder.“ Die Juden, die sich nicht zum Christentum bekehrten, hielten viele uneingeschränkt weiter für Christus- bzw. Gottesmörder. Ihre Haltung erklärte man damit, dass man ihnen Verbindung mit dem Teufel unterstellte, und das bedeutete, dass man sie aller erdenklichen Laster beschuldigen konnte bis hin zu den perversesten Sexualpraktiken.
Zum Nachweis meiner Ausführungen stütze ich mich mit Kreis auf die Schrift „Scivias“ von Hildegard von Bingen, verfasst etwa 50 Jahre vor Entstehung des Nibelungenliedes. (23) In dieser Schrift beschreibt sie ihre Visionen und deren göttliche Erklärung. Wichtig für die Deutung des Nibelungenliedes durch Kreis ist die Tatsache, dass sie immer wieder betont, die Juden würden das für die Christen so zentrale Geheimnis der Dreieinigkeit nicht erkennen. (Kreis S. 21) - Den Kreuzestod Christi schildert sie mit folgenden Worten:„Inzwischen kam die Zeit des Wahnsinns, so dass die Juden lärmend versuchten, viele Spannungen gegen den Sohn Gottes hervorzurufen, um ihn in dieser großen Unruhe zu töten. Und als sie so all ihre Bosheit ins Werk setzten, da geschah unter vernichtendem mächtigem Donnerschlag ein so großer Mord, wie er niemals zuvor war noch später sein wird, so dass die Erde bebte, d.h. die irdischen Herzen der Menschen mit der übrigen Kreatur in Schrecken versetzt wurden und das steinerne Gesetz der Juden in ihrer verbrecherischen Tat zerspalten wurde.“ (Kreis S. 22) Sie schreibt an anderer Stelle:„Sie [= die Juden] wälzen sich in der schmutzigen Befleckung ihres Fleisches und in den Verlockungen der Unzucht und ihres Ehebruchs, wie ein Schwein sich im Schlamm wälzt.“ (Kreis S. 23)
Eine wichtige Rolle spielte im religiösen Schrifttum und in der Sakralkunst die Gegenüberstellung von Christentum und Judentum als Ecclesia und Synagoga. So klagt Gott bei Hildegard von Bingen in ihrer Vision von der Synagoga diese an:„Du hast Mich, als den Gerechten, verschmäht und dich dem Teufel vermählt.“ (24) Und er erklärt Hildegard ihre Vision von der Synagoga folgendermaßen:„Die Synagoga ward von Gott verlassen und liegt darnieder in ihren Lastern. [...] Sie vernachlässigte auf vielfache Weise die göttlichen Gebote und folgte den Verlockungen des Fleisches. [..] Als für sie die Zeit des Endes gekommen war, ermordete sie den Propheten der Propheten [ = Christus] und brachte sich selbst zu Fall.“ (25)
Der Vergleich der sehr häufigen Gegenüberstellung von Ecclesia und Synagoga in der Sakralkunst ist aufschlussreich. Auf dem Elfenbeinrelief des Buchdeckels eines Evangeliars aus Köln aus der Mitte des 11. Jahrhunderts blicken Ecclesia und Synagoga noch einträchtig auf Christus am Kreuz. (26) Die Darstellung wird im Laufe des Mittelalters zunehmend mit aggressiver Polemik befrachtet. Häufige Attribute der Ecclesia sind Krone, Kreuz und Kelch, die der Synagoga sind verbundene Augen als Zeichen ihrer Blindheit gegenüber Christus und ein Opfertier oder die Gesetzestafeln, die ihren Händen entgleiten, als Zeichen, dass das Christentum die Tieropfer abgeschafft hat und dass die Juden ihren Gesetzen untreu sind. So wird das Paar am Straßburger Münster um 1225 dargestellt. Diese Synagoga-Darstellung ist jedoch eine einfühlsame Plastik, die der allegorischen Personifikation des Judentums eine gewisse Würde, ja tragische Größe gibt. (27) Man hat den Eindruck, als könne Synagoga durch die Augenbinden hindurchsehen. Die Figur zählt zu den schönsten Frauenplastiken des Mittelalters. Ähnlich, wenn auch weniger kunstvoll, wird das Paar am Südportal des Wormser Doms vor dem Pfeiler der Kapelle rechts dargestellt. Die Figuren stammen allerdings erst aus der Zeit um 1300. - Als Beispiel für eine judenfeindlichere Darstellung aus der Zeit der Entstehung des Nibelungenliedes möchte ich die Wandmalerei in einer dänischen Kirche anführen. Synagoga, gebeugt und mit verbundenen Augen, sticht mit einer Lanze das Gotteslamm, dessen Blut Ecclesia in einem Kelch auffängt. (28) Dazu muss man wissen, dass nach dem Johannesevangelium (19,34) ein römischer Soldat und kein Jude eine Lanze dem gestorbenen Christus ins Herz stieß. - Für Worms zur Zeit des 3. Kreuzzuges verweise ich auf ein Kapitell in der Wormser Pauluskirche. Ein löwenähnliches Untier, das den Teufel symbolisch darstellt, beißt einem unbekleideten Mann mit Judenhut in den Rücken. (29)
Kreis prangert vor allem die Passionsmystik an. Den Blutbädern ab 1095 (!) geht nach Kreis „eine Theologie des Mitleidens“ voraus und begleitet sie. Sie rückt „das Karfreitagsverbrechen «der Juden» an Jesus und Maria ins Zentrum massenpsychologischer Einflussnahme.“ (Kreis S. 20) „Das mariologische Ideal der Hohen Christusminne [...] ist der poetische Ausdruck einer damals bereits habituell gewordenen Prägung der geistlichen und höfischen Eliten, in der sich Mitleiden und Judenhass zu einem Komplex verbinden.“ (Kreis S. 21) Als Beleg führt Kreis eine Vision der Brigitta von Schweden an, die sie selbst beschreibt. Maria schildert ihr, Brigitta von Schweden, schockierend detailreich das ihrem Sohn durch die Juden zugefügte Martyrium bis zum Tod am Kreuz und ihren eigenen Schmerz, der sich auf Brigitta überträgt. Die Messer und Schwerter und schließlich die Lanze des jüdischen Hasses dringen nach Kreis in das Herz Marias und in das Brigittas. (Kreis S. 26) Kreis verschweigt geflissentlich dabei, dass dieser Text aus dem Jahr 1372 stammt.
Der Antijudaismus steigert sich allerdings seit dem 13. Jahrhundert, also nach der Abfassung des Nibelungenliedes. Es werden den Juden Brunnenvergiftung, Hostienschändung und Ritualmord vorgeworfen. Auch die Darstellung der Juden wird immer aggressiver. So reiten auf einer Darstellung von Ecclesia und Synagoga – erst um 1400, was Kreis verschweigt, - im Chorgestühl des Erfurter Domes beide bei einem Turnier aufeinander zu: Ecclesia, die Lanze turníermäßig eingelegt, auf einem Pferd, Synagoga mit Judenhut ohne Waffen auf einer Sau – chancenlos. (Kreis S. 57) + (30) Kreis verweist auf 2 Bildtafeln (Bild 6 und Bild 7) in seinem Buch „Antisemitismus und Kirche“. (31) Dort wird die Beschneidung Jesu zu einem grausamen, ja sadistischen Ritual. Auch diese Darstellungen stammen aus der Zeit um 1400 und 1450, also aus einer Zeit lange nach der Entstehung des Nibelungenliedes.
Zur Relativierung seiner Verbindung von Mitleidsmystik und Judenhass, der zu Pogromen führte, möchte ich Folgendes anführen: In den Kreuzdarstellungen der Romanik erscheint Christus statuarisch, würdevoll. So deutet auf dem salischen Kreuz aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts, dessen Replik im Westchor des Wormser Doms hängt, der schwer sich zur Seite neigende Kopf den Todeskampf an, aber der schlanke, unverletzte Körper mit nach oben gestreckten Händen scheint leicht nach oben zu schweben, die Hoffnung auf die Auferstehung andeutend. Oft wird Christus als König mit der Königskrone dargestellt. - Erst seit der Gotik wird es üblich, am Kreuz den leidenden Christus zu gestalten, zunächst noch sehr zurückhaltend, dann immer expressiver parallel zur sich steigernden Passionsmystik.
Zwei bekannte Kirchenlieder, die in den zitierten Strophen auf Hymnen der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts zurückgehen, stehen in der Tradition der Passionsmystik, wenden sich aber nicht gegen die Juden, sondern geben der Mitleidsmystik eine ganz andere Richtung. In der 4. Strophe von „O Haupt voll Blut und Wunden“ heißt es:„Was du, Herr, hast erduldet, / ist alles meine Last; / ich, ich hab es verschuldet, / was du ertragen hast. / Schau her, hier steh ich Armer, / der Zorn verdienet hat, /gib mir, o mein Erbarmer, /den Anblick deiner Gnad.“ (nach dem Hymnus „Salve caput cruentatum) Die 4. Strophe des Kirchenliedes „Christi Mutter stand mit Schmerzen“ lautet:„Drücke deines Sohnes Wunden, / wie du selber sie empfunden, / heilge Mutter, in mein Herz. / Dass ich weiß, was ich verschuldet, / was dein Sohn für mich erduldet, / gib mir teil an deinem Schmerz.“ (nach „Stabat mater“)

Die Judenpogrome zu Beginn des 1. Kreuzzuges 1096, die im kollektiven Gedächtnis der jüdischen Bevölkerung fest verankert waren, und die Übergriffe, denen sie im Zusammenhang mit dem 2. und 3. Kreuzzug ausgesetzt waren, spielen in der Argumentation von Kreis eine wichtige Rolle. Daher muss ich auf sie näher eingehen. Folgendes ist zunächst festzuhalten: Weder in der Kreuzzugspredigt noch in den weiteren Berichten über das Konzil von Papst Urban II. (1095) gibt es auch nur den geringsten Hinweis auf eine Aufforderung zu einer Verfolgung der Juden. Im Gegenteil: Er zitiert Johannes 4,22 („Das Heil kommt von den Juden.“), um die besondere Stellung Jerusalems für das Heilsgeschehen darzulegen. (32) Nicht nur mit dieser Textstelle aus dem Neuen Testament wurde die Toleranz gegenüber den Juden begründet. (33)
In der Darstellung der Übergriffe und Pogrome im Zusammenhang mit den Kreuzzügen beschränke ich mich bewusst auf Worms und Mainz.
Ein nicht vorgesehener, für kurze Zeit unkontrollierbar werdender Ausbruch latent vorhandener, durch die Kreuzzugspropaganda der Volksprediger und durch Agitatoren angeheizte religiöse Gewalt führte zu den Pogromen von 1096. (34) Ein jüdischer Autor legte den Kreuzfahrern folgende Worte in den Mund:„Unser Leben wird in Gefahr sein, wenn wir diese Länder erobern, die nicht an den Gekreuzigten glauben [gemeint sind die von Moslems besetzten Länder], aber in Wirklichkeit waren es doch die Juden, die ihn ermordeten und kreuzigten.“ (35) Zum religiösen Hass kam noch die Beutegier des plündernden Pöbels dazu.
Wer in Worms nicht rechtzeitig fliehen oder sich nicht der Zwangstaufe entziehen konnte, kam um. Die Angreifer drangen in die Häuser der Juden ein und plünderten und mordeten. Viele Juden glaubten sich durch die Flucht in den Bischofshof retten zu können. Aber der Bischof war zu dieser Zeit in Worms nicht anwesend. Der Bischofshof wurde erstürmt und die sich verteidigenden Juden fielen im Kampf. Einige töteten ihre Kinder und dann sich selbst, um der Zwangstaufe zu entgehen. Die Angaben zur Zahl der Toten schwankt zwischen 400 und 800. (36)
Anschließend zogen die Kreuzfahrer nach Mainz. Auch dort fanden alle, die sich nicht taufen ließen, den Tod: durch fremde oder eigene Hand oder durch Feuer. (37) Auch für Mainz schwanken die Angaben über die Zahl der Opfer: zwischen wenigstens 550 (38) und 1300 (Kreis S. 12) Die Rolle des Mainzer Bischofs wird im Standardwerk „Germania Judaica“ (39) anders dargestellt als bei Kreis. (Kreis S. 83/84) Nach „Germania Judaica“ floh der Bischof aus der Kirche, da man ihn wegen des Eintretens für die Juden mit dem Tod bedrohte. Dem Rabbi Kalonymus war es gelungen, sich mit 53 oder 60 Personen vor den Verfolgern in die Sakristei der bischöflichen Pfalz zu flüchten. Von dort ließ ihn der Bischof um Mitternacht mit starkem Geleit nach Rüdesheim bringen. Doch auch dort blieb ihnen am nächsten Tag nur die Wahl, falls sie sich nicht taufen ließen, durch die Landbevölkerung ermordet zu werden oder sich selbst zu töten. Der Bischof, offenbar bedroht, hatte ihnen erklärt, sein Wort nicht mehr halten zu können.- Ganz anders stellt Kreis die Vorgänge dar. Er beruft sich auf den Chronisten Salomo bar Simeon, der um 1200 das Schicksal des Rabbi Kalonymos für die Nachwelt festhielt. Kreis schreibt:„Beim Anrücken der tödlichen Bedrohung erwirkt dieser hoch angesehene Führer der Juden einen Schutzbrief Kaiser Heinrichs IV., auf den hin Bischof und Burggraf ihren Schutz versprechen. Doch ist dieses Versprechen von vorneherein doppelzüngig. Denn als das Kreuzzugsheer am 27. Mai 1096 in Mainz einrückt, lässt der Bischof den Rabbi, der sich mit seiner gesamten Gemeinde in der Burg verschanzt hat, wissen:«Es liegt nicht in meiner Macht, euch zu retten, denn euer [!] Gott ist von euch gewichen [...] entweder du und deine Schar [...] vertraut unserer Gottesfurcht oder ihr tragt die Schuld eurer Väter.» Nach den Quellen, auf die sich Salomo bezog, hätten sich 3 Versionen des Todes von Rabbi Kalonymos gefunden. Dieser habe den Bischof wegen seiner Untreue töten wollen und sei von dessen Knechten «mit einem Zeichen aus Holz» (Kruzifix?) erschlagen worden. Oder er soll zuerst seinen Sohn getötet haben und dann sich selbst. Nach der 3. Version soll er mit einem Rest Überlebender entkommen und dann doch von den Kreuzfahrern getötet worden sein. Kreis wirft dem Bischof erpresserischen Rechts- und Treubruch unter Missachtung des kaiserlichen Schutzbriefes vor.
Auch in Jerusalem kamen nach der Eroberung 1099 die Juden um. Sie hatten sich an der Verteidigung der Stadt beteiligt und waren nach der Niederlage in eine Synagoge geflüchtet, die ihnen von den Kreuzfahrern über dem Kopf angezündet wurde. (Kreis S. 16 + 34) + (40)
1146 rief Bernhard von Clairvaux zum 2. Kreuzzug auf. In Mainz und Worms predigte der Zisterziensermönch Radolf offenen Judenhass. Der Erzbischof von Mainz bat Bernhard von Clairvaux um Unterstützung. „Nur mit Mühe und unter persönlicher Gefahr hielt er das Volk von Mainz von Ausschreitungen gegen die Juden ab.“ (41) Auch in Worms verurteilte Bernhard von Clairvaux die Hasspredigten des Zisterziensermönches Radolf. So waren nur punktuelle Ausschreitungen zu beklagen. (42)
Am 9. März 1188 (und nicht wie Kreis schreibt am Pfingstfest (Kreis S. 41, 52, 59) fand ein von Friedrich Barbarossa einberufener Hoftag in Mainz statt, auf dem er das Kreuz nahm. Bereits 1187 war es zu Übergriffen aus der Bevölkerung gekommen, die durch den erzbischöflichen Kämmerer mit seinen Truppen abgewehrt werden konnten. (43) Viele Mainzer Juden flüchteten vor dem Hoftag vorsorglich nach Münzenberg. Die Zurückgebliebenen wurden durch antijüdische Ausschreitungen in Schrecken versetzt, aber dank des bischöflichen und kaiserlichen Einschreitens waren keine Toten zu beklagen. Die Geflüchteten kehrten nach 3 Monaten zurück. (44) Auch in Worms kam es zu keinem Blutvergießen wegen der Schutzmaßnahmen des Kaisers. (45) Ohne Quellenangaben behauptet Kreis dagegen, Barbarossa habe den deutschen Juden Rechtschutz verbrieft, ohne ihn gegen die Wut der Kreuzritter und ihres Fußvolkes garantieren zu können. (Kreis S. 13) 1189 (!) sei als erstes die Mainzer Judengemeinde dem 3. Kreuzzug zum Opfer gefallen. (Kreis S. 35, 41) Der 3. Kreuzzug, der von 1189 bis 1192 dauerte, bei dem Kaiser Friedrich Barbarossa 1190 auf dem Zug ins Heilige Land ertrank, fand nach Kreis irrtümlich 1197/98 statt und der Kaiser starb 1197. (Kreis S. 47 + 68)
Dass die Judenschaft durch die Pogrome und die Übergriffe in ihrem Denken und Fühlen in besonderer Weise geprägt wurde, bedarf wohl keiner Erklärung.

2.1.3 Jüdisch-deutsche Literatur im Mittelalter
Im mittelalterlichen Deutschland waren die Juden zweisprachig: Schrift-, Kult- und Wissenschaftssprache war das Hebräische, Umgangs- und Geschäftssprache der Dialekt der christlichen Nachbarn, vermischt mit hebräischen und einigen lateinischen Lehnwörtern. Aus der Umgangssprache, vor allem dem Rheinfränkischen, entwickelte sich das Jüdisch-Deutsche, das in hebräischen Buchstaben geschrieben wurde. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Jüdisch-Deutschen in Osteuropa das Jiddische. (Kreis S. 104) + (46) Wie nahe das Jüdisch-Deutsche dem Mittelhochdeutschen gewesen sein musste, zeigt noch eine moderne Übertragung der beiden ersten Verse des Nibelungenliedes (Handschrift A) ins heutige Jiddisch, die Gidal (47) zitiert:
Mittelhochdeutsch: Uns ist in alten maeren wonders vil geseit
von helden lobebaern von grôzzer chuonheit.
Heutiges Jiddisch: Uns ist in alte Maysses Wunders vil gesogt
von Helden loibenswertike von groisser Mutigkeit.
Kreis übernimmt allerdings von Gidal den mittelhochdeutschen Text der Handschrift A statt die Übertragung ins heutige Jiddisch, vergleicht Handschrift A und Handschrift B und zieht daraus natürlich einen falschen Schluss. (Kreis S. 105)
Die Manessische Liederhandschrift, entstanden nach 1300, enthält 6 Lieder von Süßkind von Trimberg, der in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gelebt hat. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass er ein Jude war, der einzige überlieferte Jude in der Handschrift. In der Liedersammlung wird er mit einem Judenhut dargestellt. Seine Lieder setzen eine weitgehende Assimilation an die christliche Umwelt voraus. Jüdisch ist jedoch z. B. eine Verbindung zum Abendgebet für Sabbattage und eine hymnische Anrufung Gottes nach Psalm 104 (103). (48) In einer Klage heißt es resignierend:„Nach der alten Judensitte will ich fortan leben.“ (Kreis S. 105/06) + (49)
Die älteste Sammlung jüdisch-deutscher Literatur – und zwar in hebräischen Schriftzeichen geschrieben - stammt aus dem Jahr 1382/83. Sie enthält das fragmentarische Brautwerbungsepos „Dukus Horant“ eines unbekannten Verfassers aus dem späten 13. Jahrhundert, das Anklänge an den Kudrun-Hilde-Sagenkreis aufweist. Es sei angemerkt, dass das Kudrun-Epos selbst, entstanden zwischen 1230 und 1250, erst aus einer Sammelhandschrift des 16. Jahrhunderts überliefert ist. Formal steht die Dukus-Horant-Strophe dem Rabenschlacht- Epos aus dem Sagenkreis um Dietrich von Bern nahe. (50) Kreis behauptet, das Versmaß des „Dukus Horant“ sei die Nibelungenstrophe, was nicht ganz falsch ist, da sich die Rabenschlachtstrophe (3 Langzeilen mit Zäsur in der Mitte) an der Nibelungenstrophe orientiert. (51) Kreis zieht daraus den Schluss, das Nibelungenlied sei weit über seine Entstehungszeit in jüdischer Erinnerung geblieben. (Kreis 105)
Ausführlich behandelt Kreis den jüdisch-deutschen Artus-Roman „Widuwilt“, den er dem Artusroman „Wigalois“ von Wirnt von Gravenberc aus dem frühen 13. Jahrhundert gegenüberstellt. (Kreis S. 108 – 111) Er bezieht sich dabei auf die Doktorarbeit von Achim Jaeger, der schon im Titel „Widuwilt“ als „jüdischen Artusritter“ bezeichnet. Für Kreis geht Widuwilt nicht für Ecclesia /Maria, sondern für Synagoga auf die Heldenreise, der jüdische Verfasser forme die Kreuzzugsideologie in einen Gegenkreuzzug um. Kreis vergleicht z. B. den Drachenkampf von Wigalois mit dem von Widuwilt. Ersterer kämpfe mit dem Todfeind Christi, der mit dessen Auferstehung endgültig besiegt werde, für Widuwilt sei der Drache dagegen der Leviathan der hebräischen Bibel, Archetypus des über Leichen gehenden imperialen Herrschers. Widuwilt besiege ihn zwar, bleibe aber ohnmächtig am Boden liegen. So werde mit dem jüdischen Sieg das Motiv der Ohnmacht verbunden. Während Wirnt von Gravenberc die Frau des Fischers zur potentiellen Raubmörderin mache, die aber durch Christusminne verwandelt werde, sei im Roman „Widuwilt“ der Mann der potentielle Mörder, den die Frau in ihrer Liebe zum Nächsten als dem hilfsbedürftigen Fremden umstimmen könne. Kreis erklärt mit Jaeger die gegenbildliche Aufwertung der Fischersfrau mit der traditionell hohen Stellung der Frau und Mutter im Judentum.
Dieser jüdisch-deutsche Artusroman ist im 14. oder erst im 15. Jahrhundert entstanden, also lange nach dem Nibelungenlied. (52) Kreis behauptet dagegen unzutreffend, „damals“ – und damit meint er die Zeit der Entstehung des Nibelungenliedes und des Parzival – habe es eine jüdisch-deutsche Gegenliteratur gegeben, wobei er ausdrücklich auf „Widuwilt“ verweist. (Kreis S. 33)

Zusammenfassung:
Es ist unbestritten, dass die Rezeption der mittelhochdeutschen Literatur für die Juden ohne große sprachliche Probleme möglch war und ein Literaturtransfer der mittelalterlich-christlichen Literatur in den jüdisch-kulturellen Kontext stattgefunden hat. Bester Beweis ist der jüdische Artusritter „Widuwilt“, der allerdings mehr als 100 oder sogar 200 Jahre nach dem Nibelungenlied entstanden ist.


2.1
Die Deutung des Nibelungenliedes aus jüdischer Sicht nach Kreis

Kreis deutet in seiner Abhandlung das Nibelungenlied aus der Sicht der Juden in Deutschland zur Zeit der Entstehung des Epos, also um 1200. Er sieht im Nibelungenlied eine Reaktionsbildung durch literarische Verarbeitung ihres kollektiven Traumas durch die Pogrome von 1096, ihrer schmerzvollen Erfahrungen als Minderheit in der christlichen Mehrheitsgesellschaft, aber auch hoffnungsvoller Phasen toleranten Zusammenlebens. Kreis versteht seine Arbeit nicht als Offenlegen eines vom Autor nicht intendierten Sinnpotentials, sondern legt Wert darauf, dass seine Interpretation durchgehend der Autorintention entspricht.
Die Untersuchung besteht aus einer Überfülle von Gedanken mit vielen Vor- und Rückverweisen. Eine straffere Ordnung hätte die Beschäftigung mit der Arbeit sehr erleichtert. Aus Zeitgründen lasse ich die Ausführungen über Wolframs Parzival als Gegenbild zum Nibelungenlied, über Wagners Ring und den Missbrauch des Epos im 3. Reich weg, ebenso die Vergleiche zwischen der sinnlichen Liebe zwischen Mann und Frau im Hohen Lied der hebräischen Bibel und der Liebe zwischen Siegfried und Kriemhild, weil sie meiner Meinung nach nicht so zentral sind. Es gibt in der Arbeit auch Passagen, deren Gedankengang so verschlungen ist, dass ich ihn nicht nachvollziehen kann, vor allem dann nicht, wenn es um eine Auseinandersetzung mit einer psychoanalytischen Deutung geht, zumal mir da zusätzlich die sachliche Kompetenz fehlt, z. B. Siegfrieds Zweitgeschlecht, die verwundbare Stelle zwischen den Schultern als symbolische Verschiebung. (Kreis S. 42) Statt meinen Vortrag ausufern zu lassen und Unverstandenes einfach zu zitieren, habe ich mich entschlossen, eine überschaubare Zahl meines Erachtens wichtiger Argumente, die ich verstanden habe, darzustellen und einer kritischen Prüfung zu unterziehen, auch wenn ich mich dem Vorwurf von Kreis aussetze, ich hätte seine Argumentation unzulässig verkürzt.

2.2.1 Siegfried
Nach Kreis trägt Siegfried Züge eines Kreuzritters, gleichzeitig wird seine Beziehung zu Kriemhild als Marienminne gedeutet, und vor allem wird er als Christus-Parodie aufgefasst.

2.2.1.1 Siegfried als Kreuzritter
Kriemhild stickte Siegfried bekanntlich ein Kreuz auf sein Gewand zwischen den Schultern, damit Hagen die verwundbare Stelle schützen konnte. (15. Aventiure) Ein solches Kreuz hefteten sich die Kreuzritter auf den Rücken ihres Gewandes. Diese Beziehung zwischen Siegfrieds Kreuz und dem der Kreuzritter wird von vielen Nibelungenliedforschern gesehen, so auch von Kreis. (Kreis S. 45 + 47) Darüber hinaus führt Kreis weitere Belege für diese Beziehung an. Wie der landlose Dienstadel bei den Kreuzzügen auf Landsuche nach Palästina gezogen sei, so Siegfried an den Wormser Königshof. (Kreis S. 10/11) Dabei berücksichtigt Kreis nicht, dass Siegfried im Nibelungenlied eindeutig kein landloser Ministeriale ist, sondern der Sohn des Königs von Xanten. (2. Aventiure) Vor der Rückkehr nach Xanten verzichtet er im Namen seiner Frau ausdrücklich auf deren Erbteil mit der Begründung, dort werde sie reicher/mächtiger (rîcher) werden als irgend jemand auf der Welt. (Str. 695)
Für Kreis hat sich Siegfried nach dem Bad im Blut des Drachens selbst in einen Drachen verwandelt, „der eine blutige Spur der Vernichtung durch die Welt zieht.“ (Kreis S. 43) Er habe die Züge des urbiblischen Leviathans angenommen, der in der talmudischen Tradition des Westens zum Sinnbild des gegenseitigen Königs- und Völkermordens geworden sei. (ebenfalls Kreis S. 43) Er bringt Siegfrieds blutigen Sachsenkrieg (4. Aventiure) und seinen Jagdeifer vor seinem Tod (16. Aventiure) mit den Kreuzrittern in Verbindung. Für Kreis zeichnete sich das Judentum um 1200 im Gegensatz zum Christentum durch Verantwortung für die Schöpfung und für alle Kreatur aus. „Waren im Judentum die Liebe zu Gott und zum Land untrennbar eins,“ führt er weiter aus, „so wird das Land ab 1095 zum Objekt theologischer Spekulationen, praktisch zur Beute einer auf Abenteuer getrimmten Ritterschaft, der damals ja nicht nur die Menschen zum Opfer fielen, sondern auch die Tiere.“ (Kreis S. 90) Was den Sachsenkrieg betrifft, ist es richtig, dass viele Feinde ihre Kampfbereitschaft durch Siegfrieds Kampfeslust mit dem Leben bezahlen mussten. Aber Kreis unterschlägt, dass Siegfried ausdrücklich die von ihm besiegten 2 Könige nicht tötete, sondern als Geiseln an den Burgunderhof brachte und dem König riet, auf ein Lösegeld zu verzichten, sie nur schwören zu lassen, Burgund nicht mehr zu überfallen, und dann in ihre Reiche zurückkehren zu lassen, ein Rat, den Gunther befolgte. (Str. 314 – 316) Ob sich das Judentum in Deutschland um 1200 im Gegensatz zum Christentum durch Verantwortung für die Schöpfung und für alle Kreatur auszeichnete und den Kreuzrittern nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere zum Opfer fielen, wie Kreis behauptet, will und kann ich nicht entscheiden. In Frage stelle ich aber seine Behauptung, dass „die Christenheit die Juden damals auf die Stufe von Tieren hinabdrückte. (Kreis S. 91) Das erscheint mir als eine unzulässige, grobe Verallgemeinerung.

2.2.1.2 Siegfrieds Beziehung zu Kriemhild als Marienminne
Dass sich in der Beziehung zwischen Kriemhild und Siegfried Anklänge an die Minnelyrik finden, ist allgemeiner Konsens. Ebenso gibt es keinen Zweifel, dass es zwischen Minnedienst und Marienkult eine Verbindung gibt. Allerdings heißt es in der Literaturgeschichte von De Boor/Newald:„Die Vorstellung, dass im Minnedienst die fromme Hingabe an die himmlische Frau auf die irdische übertragen sei, übereinfacht das Problem [der Herleitung des Minnesangs]. Es bleibt dabei unklar, dass es vielmehr der Lehensdienst war, der die wichtigsten Bilder und Erlebnisformen geliefert hat.“ (53) – Kreis übernimmt den Gedanken aus dieser Literaturgeschichte teilweise wörtlich, lässt aber den wichtigen Hinweis weg, dass es sich um eine „Übereinfachung des Problems“ handelt, und fügt hinzu, es gehe vor allem um die kreuzritterlichen Verpflichtungen des Lehnsmannes gegenüber dem Lehnsherrn. (Kreis S. 37)
Kreis behauptet, schon im fernen Xanten müsse Siegfried, „dem Bräutigam in spe“, ohne dass er Kriemhild zu Gesicht bekommen habe, vorab das himmlische Sponsa-Erlebnis (gemeint ist die mystische Beziehung zur Gottesmutter) zuteil geworden sein. Ehe Kriemhild Königin geworden sei, habe er sich ein Bildnis von ihr gemacht, in dem sie längst als die kaiserliche Königin aller Königinnen regiert habe, eine Überhöhung, die sich aus dem Marienkult der Zeit erkläre. (Kreis S. 39) Er bezieht sich auf Strophe 49 des Nibelungenliedes, in der Siegfried begründete, weshalb er Kriemhild heiraten wollte. Dort sagte er:„Jedem noch so mächtigen Kaiser würde es gut anstehen, [...], um die Zuneigung der mächtigen Königin zu werben.“ Die Stelle scheint mir überinterpretiert. Denn der Gedanke, dass es selbst einem Kaiser gut anstehen würde, um die Gunst der Auserwählten zu werben, kommt auch in der Minnelyrik vor. (54) In den vorausgehenden Strophen 44 und 45 wird ausdrücklich betont, dass Siegfried von Kriemhilds „unbeschreiblicher Schönheit“ gehört hat. Man kann also nicht von einem himmlischen Sponsa-Erlebnis sprechen. Grosse sieht eine Verbindung zwischen Siegfrieds Fernliebe und der Distanz zwischen Ritter und Dame in den Minneliedern. (55) Überdies war der Entschluss, um eine Frau zu werben, die man nur vom Hörensagen kannte, in der damaligen Zeit keineswegs völlig ungewöhnlich. Übrigens kannte auch König Gunther Brünhilds Schönheit und Stärke und die Brautwerbungsbedingungen nur vom Hörensagen, als er sich entschloss, um sie zu werben. (6. Aventiure)
Es wird zwar nicht berichtet, dass Siegfried die Unterstützung der Burgunder im Kampf gegen Dänen und Sachsen als Minnedienst auffasste. Aber vieles spricht dafür, denn als ihm Kriemhild für seinen Einsatz im Sachsen- und Dänenkrieg mit einem Kuss gedankt hatte, versprach er ihr, ihren Brüdern um ihrer Zuneigung willen „immer“ zu helfen. (Str. 304) Er sagt ausdrücklich „immer“ und nicht „in Zukunft.“ – Der König von Dänemark klagte:„Wegen der hohen Auszeichnung dieses Grußes wurden viele Männer von Siegfried geschlagen.“ (Str. 298) Da nach Kreis Kriemhild Züge Marias hat, ist Siegfrieds Minne Marienminne, ein Sich-Versenken in das Leiden Marias nach dem Tod ihres Sohnes. Diese Leidensmystik führt - so Kreis - zur Rache an den Juden, die ihr dieses Leid zugefügt haben, wie sie sich vor allem in den Pogromen im Zusammenhang des 1. Kreuzzuges entlud. So wäre Siegfrieds Kreuzzugsdienst gleichzeitig Minnedienst.
Ein Indiz, dass ein Zusammenhang zwischen Siegfrieds Liebe zu Kriemhild und der Marienminne besteht, geht nach Kreis auch daraus hervor, dass Kriemhild mit dem Morgenrot und dem hellen Mond verglichen wird. (Str. 281 + 283) Das Morgenrot ist in der Tat ein beliebtes Mariensymbol und das Bild des Mondes, der die Sterne überstrahlt, kommt seit dem 11. Jahrhundert in der religiösen Dichtung vor. (56)

2.2.1.3 Siegfried als Christus-Parodie
Kreis spricht im Zusammenhang mit Siegfried von Christus-Paraphrase. (Kreis S. 30 + 58) Ich benutze lieber den Begriff Parodie, denn es handelt sich meiner Meinung nach um eine komisch-satirische Umformung der Christus-Gestalt.
Siegfried stammt aus Xanten. Der Ortsname leitet sich von Ad Sanctos (Zu den Heiligen) ab und geht zurück auf den römischen Drachentöter Sankt Victor und seine Gefährten. Siegfried ist die Eindeutschung seines Namens. (Kreis S. 36) Er besiegte wie der heilige Viktor den Drachen, nach jüdischem Verständnis Leviathan, der nach Kreis nur durch Gott besiegt werden kann. (Kreis S. 109) Damit werde auf Siegfrieds Gottähnlichkeit spöttisch verwiesen. Er kam mit 12 Gefährten nach Worms, (Str. 64) und mit der Tarnkappe hatte er die Kraft von 12 Männern. (Str. 337) Für Kreis könnte das ein Hinweis auf die 12 Apostel Christi sein. (Kreis S. 39 + 52) Diese Vermutung lässt aber unberücksichtigt, dass im Nibelungenlied die magische Zahl 12 sehr häufig vorkommt. Als Beispiele nenne ich:

- Siegfried erschlägt bei der Hortteilung 12 Riesen. (Str. 94)
- Reisewege dauern 12 Tage:
- von Worms nach Isenstein (Str. 382)
- von Bechelaren nach Worms (Str. 1175 + 1430)
- von Worms zur Donau mit dem Heer (Str. 1525)
- Der Hort besteht aus 12 x 12 Wagenladungen. (Str. 1122/23)
- Gotelind schenkt Volker 12 Armreife. (Str. 1706)

Das ist nicht verwunderlich, denn die Zahl 12 kommt nicht nur bei der Zeiteinteilung vor, sondern auch in der Mythologie, in Märchen, in Sagen.
Kreis verweist auf die Tarnkappe, die es Siegfried erlaubt, mit übermenschlicher Kraft unsichtbar selbst in die Liebesgeschicke der Welt einzugreifen, ein Vermögen, das nur Gott zukomme. (Kreis S. 39)
Dass die Siegesfeier nach dem Sachsenkrieg und damit die erste Begegnung Siegfrieds mit Kriemhild am Pfingstfest stattfindet, setzt Kreis in Beziehung zum Heiligen Geist, dessen Erscheinen an diesem Tag gefeiert wird. (Kreis S. 39)
Damit komme ich zu einem Gedankenkomplex von Kreis, den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Er bezeichnet Siegfrieds Bezwingung Brünhilds auf Isenstein und in der Brautnacht als „verdeckte Satire auf die irdischen Komplikationen des dreieinigen Gottes“ (S. 49), spricht von „dreieiniger Vergewaltigung“ (S. 45) und „dreieinigem Beischlaf.“ (S. 53) Er meint wohl mit Dreieinigkeit das Zusammenwirken von Gunther als Gottvater, dem sichtbaren Siegfried als Gottessohn und dem in der Tarnkappe unsichtbaren Siegfried als Heiligem Geist.
Bei der Beratung nach dem Königinnenstreit weist König Gunther Hagens Rat, Siegfried zu töten, mit den Worten zurück, Siegfried sei ihnen „zum Glück und Stolz“ geboren. (Str. 872) Nach Kreis spreche hier Gunther „im Tonfall ehrfurchtsvoller Anbetung“, es sei ein wie auf den Christus selbst gemünzter Satz. (Kreis S. 61)
Kreis ist der Meinung, der Ermordung Siegfrieds sei der Kreuzestod Christi als Folie unterlegt. Er versucht das ausführlich zu belegen. (Kreis S. 64 – 66) Kriemhild berichtete Siegfried vor der verhängnisvollen Jagd, sie habe geträumt, wie zwei Berge auf ihn herabgestürzt seien. (Str. 924) Kreis erscheint das wie ein Zitat aus Lukas 23,30. Aber dort wandte sich der sterbende Christus an die Umstehenden „Die Menschen werden sich danach sehnen, dass die Berge über ihnen zusammenstürzen, [...], damit ihr Leid ein Ende hat.“ Die Vorstellung von herabstürzenden Bergen wird also in völlig anderem Zusammenhang gebracht. – Für den Verweis von Kreis in diesem Zusammenhang auf Matthäus 27.51 finde ich im Traum Kriemhilds keinen Bezug.
Christus und Siegfried äußerten vor ihrem Tod, dass sie Durst hatten. (Johannes 19,28 und Nibelungenlied Str. 970) Aber bei Johannes sagte Christus unmittelbar vor seinem Tod:„Mich dürstet“ nicht, weil er Durst hatte, sondern, damit die Schrift in Erfüllung ging. Bei Siegfried handelt es sich dagegen um ein natürliches Bedürfnis nach der anstrengenden Jagd, von Hagen bei seiner Mordvorbereitung listig einkalkuliert.
Eine Parallele sieht Kreis auch in dem Umstand, dass Hagen mit dem Speer Siegfried eine todbringende Wunde zufügte, aus der Blut floss (Str. 981 + 988) und nach Johannes 19,34-35 ein römischer Soldat Christus mit einer Lanze in die Seite stach, so dass Blut und Wasser aus der Wunde strömte. Der Unterschied besteht allerdings nicht nur darin, dass sich Siegfrieds Wunde zwischen den Schultern befand, die von Christus vorne in Höhe des Herzens, sondern vor allem darin, dass die Wunde Siegfrieds zum Tod führte, während die Christus beigebrachte Wunde Zeugnis des eingetretenen Todes war. Kreis hat jedoch Recht, wenn er das Blut Christi mit der Eucharistie in Verbindung bringt. Damit ließe sich das Blut Siegfrieds, der ja nach Kreis Züge von Christus hat, als Parodie der Eucharistie verstehen.
Eine verblüffende Übereinstimmung gluabt Kreis auch in der Trauer um Siegfried und Christus zu sehen. Nach seinem Tod wurde Siegfried „von zahllosen schönen Frauen beweint“ (Str. 987), Christus folgten dagegen auf dem Weg zur Hinrichtungsstätte „eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten.“ (Lukas 23,27)
Im Laufe der Entwicklung des Christentums wurde – wie Kreis richtig feststellt – der Lanzenstich des römischen Soldaten in die Seite Christi oft zum Mordanschlag Synagogas auf Christus umgedeutet, was im Mittelalter in bildlichen Darstellungen und Volkspredigten dem einfachen Volk nahe gebracht wurde. Die angenommene Schuld der Juden am Tod Christi wurde dann zur sich vererbbaren Kollektivschuld der Juden und damit ein wichtiger Beweggrund für die Judenverfolgungen, insbesondere die Pogrome. Eine Parallele zur Kollektivschuld, die zwar nicht von Christus, aber doch von nicht wenigen Christen den Juden angelastet wurde, sieht Kreis im Verhalten des christusähnlichen Siegfrieds, der die verfluchte, die treulos seinen Tod beschlossen und ihn erschlagen hatten. Er meinte offensichtlich Hagen und Gunther, aber bezog ausdrücklich „jeden Spätgeborenen“ in die Verfluchung mit ein. (Str. 988 - 990) Damit wird hier eine vererbbare Schuld postuliert.
Im Zusammenhang mit den Judenverfolgungen verweist Kreis auch auf eine Vorausdeutung am Ende der 1. Aventiure. (Str. 19) Dort heißt es:„Wegen des Todes eines einzigen [gemeint ist Siegfried] mussten die Söhne unzähliger Mütter fallen.“ (Kreis S. 78)

2.2.2 Kriemhild
Da Siegfried nach Kreis eine Christus-Parodie ist, deutet er die Beziehung von Kriemhild zu ihm als Christusminne. Darüber hinaus trägt sie – so Kreis - deutliche Züge Marias und führt als Ecclesia einen Vernichtungskampf gegen Synagoga.

2.2.2.1 Kriemhild als Braut Christi
Kreis beschreibt Kriemhilds Leben in Zurückgezogenheit, bevor Siegfried in ihr Leben eintritt, folgendermaßen:„Kriemhild lebt in Worms gemäß dem mystischen Marienkult der Zeit gleich einer Heiligen in klösterlicher Abgeschiedenheit. Selbst Siegfried bekommt sie jahrlang (!) nicht zu Gesicht.“ (Kreis S. 36) Als sie Siegfried kennen lernt, hat nach Kreis „zuerst einmal der Mann aller Männer Zugang zu ihrem Herzen: Jesus Christus, Ecclesias göttlicher Bräutigam. Im verklärenden Licht dieses Anspruchs emporgehoben, muss ihr der Ritter ihres Herzens erscheinen.“ (Kreis S. 36/37)
Zur Begründung deutet er die Gestaltung der ersten Begegnung der beiden bei der Siegesfeier am Pfingstfest im Nibelungenlied nicht nur nach allgemeinem Konsens als Darstellung von höfischer Minne, die so Anklänge an die Marienminne aufweist, sondern weit darüber hinaus wie folgt:„Die einen Schweif der schönsten Damen und Mädchen hinter sich herziehende Ersterscheinung Kriemhilds ist ganz so, als entstiege sie als die Braut Christi dem annektierten Hohen Lied.“ Zur Erklärung: Die Braut im Hohen Lied wurde damals im Christentum u. a. als Braut Christi gedeutet. „ Das Hohe Paar erstarrt zum Tableau, als sei es der zeitgenössischen Sakralkunst entstiegen oder der lebhaften Erinnerung an die Braut-Christi-Aufzüge der Hildegard von Bingen. [...] Das Pfingstwunder des göttlichen Kusses, das Kriemhild und Siegfried zuteil wird, ist der Sieg des Hl. Geistes über die verteufelte Lust des Fleisches. So hat Siegfried es hinzunehmen, dass es die Braut – «wie es sich gehört» - und weil er sie mit Gott zu teilen hat - zur hl. Messe ins nahe Münster zieht.“ (Kreis S. 39/40) Diese Deutung missachtet nicht nur die Gepflogenheiten der damaligen Zeit, wenn Kreis darüber verwundert ist, dass Siegfried Kriemhild in aller Öffentlichkeit vor dem ganzem Hof nur küssen durfte, (Kreis S. 39: „Nicht mehr!“) und bezieht das «wie es sich gehört» (Str. 299) fälschlicherweise auf Kriemhild und nicht auf die sie begleitenden Ritter. Vor allem erscheinen mir diese Ausführungen von Kreis in den meisten Details als eine unangemessene Überinterpretation der Textstelle.
Bestätigt findet Kreis seine Deutung der Schilderung der Beziehung Kriemhilds zu Siegfried in der Hochzeitsnacht. Dort habe sich das Mysterium des „Zerfließens“ der Sponsa [= Braut] mit dem Leib Christi zwischen Kriemhild und Siegfried ereignet .(Kreis S. 53) Es heißt im Nibelungenlied:„si wart im sô sîn lîp.“ (Str. 629) In der Tat könnte man die Beschreibung des Ehevollzugs im Nibelungenlied als mystische Vereinigung Kriemhilds mit Christus deuten, was aber meines Erachtens durch keine weiteren Textstellen bestätigt wird. Grosse überträgt sehr ungenau ins heutige Deutsch:„Sie wurde mit ihm eins.“ Einleuchtend erscheint mir die Übertragung von Reichert:„Sie wurde ihm so (lieb) wie sein eigenes Leben.“ (57) Das lässt keine Deutung als mystische Hingabe an Christus zu.

2.2.2.2 Kriemhild als schmerzhafte Gottesmutter
Der Marienminne Siegfrieds entspricht bei Kreis die Deutung Kriemhilds als Maria, genauer: als schmerzhafte Gottesmutter nach dem Tod Siegfrieds. Ich zitiere Kreis kommentarlos:„Worms weitet sich zur via dolorosa und zum Golgatha des Gottesmords. Die Trauernde sinkt nicht nur wie Maria «ohnmächtig» zu Boden, es «schießt» ihr, wie volltrunken von Minne und Herzeleid, das Blut «aus dem Mund.» Als sie Siegfrieds schönen Leichnam «mit ihrer schneeweißen Hand» anhebt und seinen Kopf küsst, da wird die Szene zum Tribunal der schmerzensreichen Piéta (!), die klagend und anklagend um den gemordeten Sohn und Herrn «blutige Tränen» weint. Das Maßlose dieser Trauer ist gewollt, denn darin eingeschlossen ist die maßlose Rache, die die Trauernde nehmen wird. So wie am Karfreitag die «Schwerter», «Messer» und «giftigen Pfeile» des immer wieder grell und breit ausgemalten jüdischen Hasses Marias «Herz» durchdrangen, durchdringen sie, gebündelt zum Speerstoß Hagens, nun Kriemhilds Herz. [...] Bei Kriemhild setzt die Hohe Minne den Leidens-Rausch der Rache frei.“ (Kreis S. 43/44)
Im 2. Teil des Nibelungenliedes, als Kriemhild Hagen zum ersten Mal wieder begegnete, sah sie auf dessen Knien Siegfrieds Schwert. Im Lied heißt es:„Der überhebliche Hagen legte auf seine Knie ein hell glänzendes Schwert . Kriemhild bemerkte sehr wohl, dass es Siegfrieds Waffe war. Als sie das Schwert erkannt hatte, kam großer Schmerz über sie. Es erinnerte sie an ihr Leid, und sie fing an zu weinen.“ (Str. 1783/84) Kreis sieht wie viele andere Interpreten den Symbolwert des Schwertes, glaubt ihn aber tiefer zu verstehen. Er schreibt:„Da muss man schon die Mitleidstheologie der Zeit in Wort, Bild und Ritual zu Rate ziehen, um den Hinweis auf die Blutschuld
«der Juden» in dieser Begegnung zu erkennen. Unter allen Stichwaffen des jüdischen Hasses, die zur Passion Christi und seiner Mutter führten, ist das (meist siebenfache) Schwert im blutenden Herzen Marias das symbolträchtigste geworden.“ (Kreis S. 72)

2.2.2.3 Kriemhild als Ecclesia im Kampf gegen Synagoga
Kriemhild ist bei Kreis als Braut Christi und schmerzhafte Gottesmutter zugleich Ecclesia, die gegen Synagoga kämpft und den Gottesmord der Juden rächt.
Beim Rangstreit der Königinnen, der im Gegensatz zu den nordischen Quellen nicht am Fluss, sondern vor dem Münster ausgetragen wird, - für die meisten Interpreten ein Zeichen für eine oberflächliche Christianisierung des Stoffes - geht es bei Kreis um die Frage:„Wer steht Gott näher? Wem von beiden hat er den Vortritt eingeräumt?“ (Kreis S. 55) Kriemhild sagte zu Brünhild, unbekümmert oder provozierend:„Ich habe einen solchen Mann, dass alle diese Reiche in seiner Macht stehen sollten.“ (Str. 815) Nach Kreis sind damit nicht nur die Wormser Reiche gemeint. „In Wahrheit brüstet sich ein globaler Herrschaftsanspruch, den Kriemhild wie von einer Vision ergriffen, gegen die Einwände ihrer Rivalin vorbringt.“ (Kreis S. 55) An anderer Stelle spricht er von überirdisch motiviertem Machtanspruch Kriemhilds gegenüber Brünhild. (Kreis S. 57) - Kriemhild verglich während des Streites vor Brünhild ihren Mann mit dem „hellen Mond, der den Sternen voranleuchtet.“ (Str. 817) So hatte der Dichter Kriemhild vor der ersten Begegnung mit Siegfried beschrieben. Darin sieht Kreis den „anbetenden Aufwärtsblick einer Verklärten zum gestirnten Himmel. Das alles könnte einem Heiligenbildnis entnommen sein, wo der geharnischte Held seiner nimbierten Braut [...] als Christus selbst entgegenfliegt.“ (Kreis S. 55)
Kriemhild machte Brünhild im Rangstreit nicht nur die Königskrone streitig, sondern erniedrigte sie vor aller Welt zu einer Kebse (= Konkubine) Siegfrieds. (Str. 853) - In der Sakralkunst der damaligen Zeit erschien – wie schon dargestellt – Ecclesia als gekrönte Königin, während Synagoga die Krone vom Haupt fiel oder gefallen war, ebenso entglitten ihr die Gesetzestafeln als Zeichen, dass die Juden die 10 Gebote missachteten. Hildegard von Bingen hatte – wie schon erwähnt – Synagoga der Lasterhaftigkeit bezichtigt. Das alles findet Kreis in der Schilderung des Königinnenstreites wieder. Er führt aus:„Wenn Kriemhild Brünhild vor aller Welt zu einer «Kebse» erniedrigt, dann verweist das auf die sexuellen Implikationen des Rangstreits zwischen der Kirche, dem sündlosen «Leib Christi», und Synagoga, der entthronten Königin im Reiche des Fleisches.“ (Kreis S. 58)
Dass Brünhild die Synagoga verkörpere, schließt Kreis vor allem daraus, dass – wie noch ausführlich zu behandeln ist – Hagen, der ihre Entehrung räche, ein Jude sei. Kreis stellt sich auch die Frage, ob der Hinweis auf Brünhilds 12-fache Kraft auf Isenstein (Str. 449 ff.) nicht ein Hinweis auf die 12 Stämme Israels sein könnte. (Kreis S. 52) Ich erinnere nur an die Hinweise auf die Zahl 12 im Nibelungenlied im Zusammenhang mit der Deutung Siegfrieds durch Kreis, wo ich seine Vermutung entkräftet habe. - Würde man die Deutung von Brünhild als Synagoga konsequent weiterführen, müsste das bedeuten, dass der Christ König Gunther eine jüdische Königin mit Hilfe eines christusähnlichen Siegfrieds und auf den Rat des Juden Hagen durch Betrug zur Ehefrau gewonnen hätte. Eine Ehe zwischen Christen und Juden war zur damaligen Zeit aus religiösen Gründen völlig ausgeschlossen, die Ehe zwischen einem christlichen König und einer jüdischen Königin eine absurde Idee.
Kriemhild ließ bekanntlich nichts unversucht, um den Tod Siegfrieds an Hagen an Etzels Hof zu rächen, und da sich die Burgunder mit ihm solidarisierten, schickte sie alle in den Tod. Dabei schreckte sie auch nicht davor zurück, das Gebäude, in dem sie sich befanden, anzünden zu lassen. Die Juden der damaligen Zeit fühlten sich wohl an die Pogrome von 1096 erinnert, bei denen sicherlich auch Juden in ihren brennenden Häusern zu Tode kamen, mehr noch an den Tod der wehrlosen Juden, die in Jerusalem nach der Eroberung durch die Kreuzritter 1099 in der über ihnen angezündeten Synagoge, in der sie geflüchtet waren, umkamen, worauf ich bei der Darstellung der Kreuzzüge schon hingewiesen habe. (Kreis S. 16 + 34) + (58) Möglicherweise nahm der Nibelungenlieddichter jedoch die Anregung vom Saalbrand aus dem Alten Atlilied, in dem Gudrun, die Kriemhild des Nibelungenliedes, Feuer legte, so dass Atli/Etzel in seinem Saal bei lebendigem Leib verbrannte. Im Übrigen kamen bei Kriegshandlungen damals sicherlich nicht selten Menschen auf diese Weise ums Leben.
Besonders beweiskräftig erscheint Kreis die Tatsache, dass vom Dichter die Rache Kriemhilds als „der grôze mort“ (Str. 2086) bezeichnet wird, eine Charakterisierung, die ja Hildegard von Bingen im Zusammenhang mit dem Tod Christi benutzt hatte. (Kreis S. 22 + 77) Diese Übereinstimmung dürfte zufälliger Natur sein. Zu bedenken ist auch, dass Hildegard von Bingen ihre Visionen in Lateinisch verfasste und nicht in Mittelhochdeutsch.
Eine wichtige Rolle spielt im Zusammenhang mit Kriemhilds Rache an Hagen der Nibelungenhort, genauer Kriemhilds Hortforderung. Für Kreis hat der Hort mehrere wichtige Bedeutungen. Daher gehe ich darauf in einem eigenen Abschnitt ein.

2.2.3 Hagen
Für die Auseinandersetzung mit der Argumentation von Kreis ist es wichtig, sich mit einigen Einzelheiten aus dem lateinischen Walthari-Epos, das zwischen 900 und 950 entstanden ist, vertraut zu machen. Es ist das älteste nibelungische Schriftzeugnis aus dem fränkisch-deutschen Raum. (59) In ihm war Hagen ein Vetter des Frankenkönigs Gibich, der in Worms residierte. Er stammte aus dem Geschlecht Trojas („veniens de germine Troiae“), ganz im Sinne des fränkischen Trojamythos. Seine Jugend verbrachte er als Geisel an Etzels Hof, wo man ihn vorbildlich erzog. Als nach dem Tod Gibichs Gunther Frankenkönig wurde, floh Hagen vom Hof Etzels nach Worms. Später griff Gunther mit Hagen und 11 weiteren Recken aus Habgier Hagens Freund Walthari an, der mit ihm an Etzels Hof gelebt hatte. In seinem Konflikt zwischen Freundes- und Vasallentreue blieb er zunächst dem Kampf fern, kämpfte dann aber gegen Walthari, als dieser seinen Vetter erschlagen hatte. Dabei verlor Hagen – nebenbei bemerkt – ein Auge, was sich in vielen bildlichen Darstellungen wiederfindet.
Im Nibelungenlied fällt die Übereinstimmung des Namens mit dem im Walthari-Epos auf. (Hagen aus dem Geschlecht Trojas -> Hagen von Tronje) Etzel erinnerte sich an Hagens Zeit bei ihm. Allerdings war er im Nibelungenlied nicht geflohen, sondern Etzel hatte ihn nach Hause geschickt. (Str. 1756) Ein Hunne weigerte sich, Hagen anzugreifen, da er von dessen gewaltiger Kampfkraft bei 22 Kämpfen auf Seiten Etzels Kenntnis hatte. (Str. 1796/97) Hildebrand verwies auf Hagens Neutralität beim Kampf Gunthers gegen Walthari. (Str. 2344) Auch Hagen im Nibelungenlied geriet in einen ähnlichen Loyalitätskonflikt, davon später mehr. Durch den Aufenthalt bei Etzel und seine Rückkehr nach Worms verfügte er über Insider-Wissen, kannte den Weg zu Etzels Hof und hatte früher mit Rüdiger von Bechelaren Freundschaft geschlossen, dem gegenüber er sich bei dessen Ankunft in Worms entsprechend verhielt. (20. Aventiure, Str. 1657)
Für Kreis ist Hagen ein Jude, genauer ein „Chassid der Kreuzzugszeit,[...] Vorbild auch da, wo er um des Guten willen böse sein muss.“ (Kreis S. 95) Er könnte nach Kreis das Sprachrohr des Verfassers sein. (Kreis S. 62: „heimliches alter ego des Autors“).
Kreis liefert im Verlauf seiner Abhandlung ein ganzes Bündel von Argumenten für seine These, von denen mir allerdings nur wenige einleuchten. Ich muss mich hier auf eine Auswahl wichtiger Indizien beschränken.

2.2.3.1 Hagen als Jude (Hauptargumente)
Hagen ist – so Kreis – kein Christ, obwohl er die ihm anvertrauten Burgunder vor dem letzten Gefecht als Seelsorger zum Gottesdienst schickte. Er ist aber auch kein Heide. (Kreis S. 10) Dagegen ist einzuwenden, dass die Christlichkeit aller Personen im Nibelungenlied außer der Rüdigers als oberflächlich bezeichnet werden muss, so auch Hagens Christlichkeit – also kein Argument gegen sein Christ-Sein. Dass Hagen den Prophezeiungen der Meerfrauen Glauben schenkte und zur Erprobung den Kaplan in die Hochwasser führende Donau warf, ist ohne Zweifel ein heidnischer Zug bei Hagen. (25. Aventiure) Kreis sieht in der Schildbitte Hagens ein Indiz für eine weder heidnische noch christliche, sondern jüdische Ethik. (Kreis S. 79) Ich gehe darauf später ausführlich ein.
Den Einwand, dass Hagen als Verwandter der Wormser Könige – so im Walthari-Epos, in der Edda und im Nibelungenlied (Str. 898) – niemals hätte Jude sein können, versucht Kreis zu entkräften, indem er darin wie in Hagens Seelsorgerolle einen Hinweis auf die manchmal praktizierte Koexistenz der Geschwisterreligionen zu erkennen glaubt. (Kreis S. 74, 87, 91)
Auch im Namen Hagen von Tronje sieht Kreis Hinweise auf sein Jude-Sein. Hagen könne von dem hebräischen Wort „haganah“ = „Verteidigung, Schutz, Schild“ abgeleitet sein, (Kreis S. 70/71, 92) – Hagen also als Verteidiger Brünhilds, der Synagoga. In der Edda entspricht der Name Högni Hagen und auf die Namensähnlichkeit im Walthari-Epos und dem Nibelungenlied habe ich bereits hingewiesen. - Viel spreche bei „von Tronje“ für den Hinweis auf Troyes, die Wirkungsstätte Raschis. (Kreis S. 42)
Kreis macht aus Hagen den „Geheimnisträger eines weltläufigen Wissens, das Raum und Zeit übergreift. [..] Der Tronjer hat etwas urväterlich Altes und zugleich unsterblich Junges an sich. [...] Hagen trägt die Wesenszüge Ahasvers, des Ewigen Juden, aber noch positiv begriffen.“ (Kreis S. 107) Abgesehen davon, dass ich in dem ausführlichen Artikel über Ahasver in „Neues Lexikon des Judentums“ (60) keinen Hinweis auf das gefunden habe, was Kreis mit Ahasver, positiv begriffen, meint, lässt sich das unerklärbare Wissen Hagens über Siegfried mit dem ebenso unerklärbaren Wissen von Märchengestalten vergleichen (61) und sein Wissen über Etzels Hof und den Weg dorthin durch seine Biographie, wie ich schon bei meinen Hinweisen auf das Walthari-Epos ausgeführt habe.
In der einzigen Beschreibung einer Person im Nibelungenlied, nämlich der Hagens („gut gewachsen, breiter Brustumfang, lange Beine“ Str. 1734) schimmere die Schilderung des Bräutigams im Hohen Lied durch:„ein Körper, der an die ragenden Zedern des Libanon erinnert, Beine lang wie Säulen.“ (Hohes Lied 5,15) (Kreis S. 87)
Als Siegfried mit Kriemhild nach Xanten ziehen wollte, verlangte sie ihren Anteil an burgundischen Lehnsleuten, so auch Hagen und Ortwin. Hagen wies dieses Ansinnen zornig ab. Sie, die Tronjer, müssten bei den Königen bleiben. Gunther habe nicht das Recht, sie irgend jemandem zu übergeben. Kriemhild verzichtete dann auf sie. (Str. 694 - 699) Ehrismann erklärt dieses Verhalten damit, dass Kriemhild nur beim Dienstadel ihr Erbteil habe fordern können, nicht aber beim Altadel wie dem der Tronjer. (62) Kreis behauptet, die Tronjer dienten zwar dem König, würden aber keinen König über sich anerkennen, was nirgendwo aus dem Text zu entnehmen ist. Diese Weigerung deutet er als Bindung des askenasischen Judentums an den Einen Gott. (Kreis S. 54)

2.2.3.2 Hagen als jüdischer Verteidigungskrieger
Im Mittelpunkt der Deutung steht auch bei Kreis der Meuchelmord an Siegfried. Kreis gibt zu, dass der Nibelungenlieddichter Hagens Untat wiederholt verurteilt, aufs Schärfste in Strophe 981:„Eine so folgenschwere Untat wird nie wieder ein Held begehen.“ Hagens Erschleichung der Markierung der verwundbaren Stelle durch Kriemhild muss als Perfidie bezeichnet werden. Die Heimtücke der Mordtat brauche ich nicht zu erklären. Kreis sieht in alledem die Auswirkung einer geheimen Gesinnungsgemeinschaft des Juden mit der entehrten Brünhild, mit der Synagoga. Den Meuchelmord an Siegfried wertet Kreis wiederholt als reaktiven Akt der Notwehr. (Kreis S. 27, 42, 64) Seine List sei nicht habituell, sondern aufgrund der Asymmetrie der Machtverhältnisse aufgezwungen. (Kreis S. 95) Dass Hagen nach der Mordtat Kriemhilds Tränen nicht kümmerten (Str. 1001), dass er die Leiche vor Kriemhilds Kemenate tragen ließ (Str. 1003), ist ein durch die angebliche Notwehr nicht gedecktes gefühlloses, zynisches Verhalten. Kreis lässt auch außer Acht, dass Hagen noch andere Motive für sein Verhalten hatte. So versprach er Gunther durch Siegfrieds Tod großen Machtgewinn (Str. 870, bestätigt Str. 993) und riet ihm nach dem Mord, sich mit Kriemhild zu versöhnen und dann zu veranlassen, dass der Nibelungenschatz nach Worms komme. Davon könne Gunther viel gewinnen. (Str. 1107) Kreis unterschlägt dagegen nicht Hagens hinterhältigen Betrug an Kriemhilds Erbe durch die Hortversenkung, den Mordversuch am Kaplan und den barbarischen Akt der Ermordung von Etzels und Kriemhilds Sohn, aber er tut das alles ab mit der Bemerkung, der Dichter mache Hagen zum Beispiel dafür, wie sehr Gut und Böse, Recht und Unrecht in dieser heillosen Welt untrennbar ineinander verflochten seien. (Kreis S. 64)

2.2.3.3 Hagens menschliche Größe als idealer Jude
Kreis nennt Hagen „den weisen Berater und Organisator, den tröstenden Schutzschild der Freunde und Fremden.“ (Kreis S. 42) Dabei denkt er u. a. an Hagens umsichtige Vorbereitungen der Fahrt an Etzels Hof und seine Ratschläge bis zum Untergang. Der Dichter nennt Hagen „helflîcher trôst“, von Grosse übersetzt mit „Hilfe und Zuversicht“ . (Str. 1526) Dabei übergeht Kreis die Tatsache, dass Hagen die Fähre nach dem Übersetzen der Burgunder über die
Donau zerstörte und ihnen somit die Möglichkeit nahm, nach Worms zurückzukehren, statt in den prophezeiten Untergang zu ziehen. (Str. 1581 ff.) Für Kreis zeigte Hagen menschliche Größe, als er dem schlafenden Grenzwächter nicht nur sein Schwert zurückgab, sondern ihn sogar beschenkte (Str. 1631 ff.) und in Bechelaren nicht zu stolz war, Rüdigers Frau um einen besonders guten Schild zu bitten. (Str. 1697ff.)
Als Höhepunkt von Hagens menschli¬cher Größe deutet Kreis dessen Schildbitte an Rüdiger und seinen Verzicht auf Beteiligung am Kampf gegen ihn. Um was ging es in dieser Szene? Nach dem von Kriemhild veranlassten Saalbrand waren nur noch die Burgunderkönige, Hagen, Volker und Dankwart am Leben. Etzel und Kriemhild forderten in dieser Situation von Rüdiger mit Nachdruck die Erfüllung seiner Lehnspflicht und der Kriemhild geleisteten Eide. Dem aber standen Rüdigers freundschaftliche und familiäre Bindungen an die Burgunder entgegen. Der Nibelungenlieddichter gestaltet eindringlich Rüdi¬gers ausweglosen Konflikt, bei dem er ihn leidvoll mit Gott ringen lässt. Schließlich entschied sich Rüdiger für Etzel und Kriemhild und gegen die Burgunder. Als er den Burgundern bedauernd den Kampf ansagte, bat ihn Hagen um seinen Schild, da sein eigener unbrauchbar war. Er tat das offensichtlich, um Rüdiger die Möglichkeit zu geben, seinen Konflikt zu mildern. Als ihm dann Rüdiger seinen Schild gab, versprach ihm Hagen und danach Volker, nicht in den unausweichlichen Kampf einzugreifen. - Für Kreis ist das der Triumph der Fremden- , ja sogar der Feindesliebe, wie sie Tora und Talmud (Leviticus 19,33 - 34) und der „unverfälschte Jude Jesus in der Bergpredigt“ forderten. (Kreis S. 79/80) Die Behauptung, dass das Christentum die Botschaft des Juden Jesu verfälscht hat, kann und will ich ebenso wenig erörtern wie entscheiden, wer diesem hohen Anspruch der Feindesliebe häufiger entsprach, Juden oder Christen. – Bei der Begegnung zwischen Rüdiger und Hagen ging es jedoch nicht um Liebe zum Fremden oder gar zum Feind, sondern – wie soeben dargestellt - um den tragischen Loyalitätskonflikt zwischen Vasallen- und Freundestreue. Dabei entschied sich Hagen für die Freundestreue, Rüdiger letztlich für die Vasallentreue. Die Behauptung von Kreis, Rüdiger handele hier wie ein Jude und Hagen wie der unverfälschte Je¬sus der Bergpredigt (Kreis S. 80) erscheint mir sehr fragwürdig.
Allerdings ist Hagens Schildbitte und sein Verhalten nach der Schildgabe ein Zeichen menschlicher Größe. Und heldische Größe zollt ihm sogar Etzel, dessen Sohn er ermordet hat, wenn er Hagens Tod bedauert und ihn den „ allerbesten Ritter“ nennt. (Str. 2374) Das hat aber meiner Meinung nach nichts mit seinem angeblichen Jude-Sein zu tun.

2.2.3.4 Die Deutung der Wein-Blut-Symbolik
Als Hagen beim Gastmahl der Hunnen vom Tod der Knappen erfuhr, sagte er:„Nun trinken wir auf das Gedächtnis der Toten und bringen den Wein des Königs dazu als Opfer dar. Dem jungen Vogt der Hunnen gilt der erste Trank.“ (Str. 1960) Daraufhin schlug er ihm den Kopf ab. Der Trunk zum Gedächtnis eines Toten war ursprünglich ein germanischer Brauch. Kreis bezieht wie einige Nibelungenliedforscher die Aufforderung zu díesem Gedächtnistrunk auf den Tod Siegfrieds. Der Wein des Königs, den Hagen als Opfer darbringt, meint Etzels Blut bzw. das seines Sohnes. Kreis sieht darin darüber hinaus die Verknüpfung von Eucharistie und Passion und führt weiter aus:„Hagen verwandelt die Szene in eine Parabel des missbrauchten Kreuzestodes Christi und demonstriert (parodiert) mit priesterlichen Gebärden, wie sich der damals so rachsüchtig getränkte Wein der göttlichen Minne in das Blut seiner an die Wand gemalten Feinde verwandelte.“ (Kreis S. 75)
Als die Burgunder in der von Kriemhild in Brand gesteckten Halle vor Durst zu sterben drohten, riet ihnen Hagen, das Blut der Toten zu trinken. Das sei besser als Wein. Der erste Burgunder, der Blut trank, dankte Hagen für seinen Rat. Ihm sei niemals besserer Wein ausgeschenkt worden. (Str. 2114 ff.) Auch darin sieht Kreis eine merkwürdige Inversion der antijüdischen Passionssymbolik und der Eucharistie. (Kreis S. 16) Die ganze Szene vereine symbolisch „geradezu obsessiv den Passionskomplex aus Blut, Wein und der Rache, die im (Höllen-)feuer der Vernichtung triumphiert.“ (Kreis S. 77) Diese Deutung der Wein-Blut-Symbolik erscheint mir – wohlgemerkt: aus der Sicht von Juden um 1200 – nachvollziehbar. - Kreis verweist auch – meiner Meinung nach zu Recht - auf den Feuertod der Juden in ihrer Synagoge in Jerusalem während des 1. Kreuzzuges 1099. (Kreis S. 16)

2.2.3.5 Schlussbetrachtung
Kreis sieht auch zu Recht eine Parallele zwischen dem Verhalten der Burgunder, insbesondere Hagens, während des letzten Kampfes und dem der Juden während des Pogroms 1096. Es entsprächen sich der Verhandlungswille und, als dieser erfolglos geblieben sei, der kämpferische Überlebenswille bis in den Untergang. (Kreis S. 93)
Trotz meiner Kritik in vielen Punkten stimme ich mit Kreis überein, dass Juden in Hagen Züge eines Antikreuzzugskriegers, (Kreis S. 36) eines Chassid der Kreuzzugszeit (Kreis S. 95) sehen konnten.
Auf die Hortforderung Kriemhilds, die im Zusammenhang mit der Ermordung Hagens eine wichtige Rolle spielt, gehe ich im folgenden Abschnitt näher ein. Dort setze ich mich mit den verschiedenen symbolischen Bedeutungen des Hortes nach Kreis auseinander.

2.2.4 Die verschiedenen symbolischen Bedeutungen des Nibelungenhortes
Siegfried gewann den unermesslichen Hort aus Gold und Edelsteinen, den man nur mit 12 x 12 Wagenladungen transportieren konnte (Str. 1122/23), nach dem Sieg über die Könige Nibelung und Schilbung. Der Hort lagerte offensichtlich im Nibelungenland in einem Berg, bewacht von Zwerg Alberich. (Str. 92 - 99) Als ihre Morgengabe ließ ihn Kriemhild nach Siegfrieds Ermordung auf Veranlassung der Brüder nach Worms holen. Hagen erkannte ihn als gefährliches Machtpotential für Kriemhilds Rache und versenkte ihn im Rhein. (19. Aventiure) – Als Kriemhild Hagen an Etzels Hof wiedersah, bekannte er trotzig auf ihre Frage nach dem Hort, er habe ihn nicht mitgebracht. (Str. 1741) Nach seiner Gefangennahme versprach Kriemhild Hagen die Rückkehr nach Worms, wenn er ihr den Hort zurückgebe. Er verriet ihr nicht die Stelle im Rhein. Als nur noch er allein lebte, sagte er zu Kriemhild:„Den Schatz, den weiß jetzt niemand – außer mir und Gott. Der soll dir, du Teufelsweib, für immer verborgen bleiben.“ (Str. 2371) Es ist schwer, Kriemhilds Verhalten als Habgier zu erklären. Die Nibelungenliedforschung deutet Kriemhilds Hortforderung kontrovers. Kreis fügt zwei neue Deutungen des Hortmotivs hinzu, eine davon für Kriemhilds Verhalten am Schluss.

2.2.4.1 Hinweis auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch die Kirche
Der Zwerg Alberich steht nach Kreis für die kleinwüchsigen Knappen, „die damals den enormen Eisen- und Edelmetallbedarf der Kreuzzugsunternehmen deckten und die nicht selten Klöstern und Kirchenfürsten gehörten.“ (Kreis S. 45) Er begnügt sich jedoch nicht mit dieser Deutung des Hortes für Ausbeutung durch die Kirche, sondern fügt noch hinzu:„Die Laien stifteten den Weihegewaltigen von Brot und Wein, den Bischöfen, Priestern und Äbten, Land und Geld [...]. Die Klöster führten Umrechnungstabellen, was der einzelne Sünder für sein Geld und Gut an Blutschuldnachlass erwarten durfte. Sowohl der Gral als auch der Nibelungenhort sind Symbole der Vorstellungswelt göttlicher Geschäftsabschlüsse und der wirtschaftlichen Ausbeutung der Eucharistie.“ (Kreis S. 46) Die Formulierung erscheint mir sehr polemisch, und ich vermag auch keinen plausiblen Bezug zum Hort zu erkennen.

2.2.4.2 Symbol für die Auslegungen der Juden und Christen gemeinsamen Heiligen Schriften
Einige Nibelungenliedforscher sehen im Hort die „mythisch-symbolische Repräsentanz“ Siegfrieds. Kreis knüpft daran an, wenn er schreibt:„Da dieser Siegfried im Frauenstreit zwischen Ecclesia und Synagoga für den Sieg Christi steht, steht er auch für die Auslegungswahrheit des Evangeliums als der wahren Tora. Gesetzt, der Dichter hat es mit seiner Symbolarbeit so gemeint, dann besteht die ungeheuerliche Provokation Hagens darin, diesen höchsten Hort Ecclesias für nichts zu erachten und im Rhein zu versenken.“ (Kreis S. 85) Kreis noch knapper und prägnanter:„In der Symbolik des Nibelungenlieds gesprochen, führt Ecclesia mit Synagoga Krieg um ein und denselben Hort.“ (Kreis S. 86) Gemeint ist die kontroverse Auslegung der Juden und Christen gemeinsamen Heiligen Schriften. - Konsequent deutet er den Schluss des Nibelungenliedes in diesem Sinne. „Wenn die Königin den gefesselt da stehenden Hagen vor die Wahl stellt zwischen Hort (= Leben) und Tod, dann will sie seine Konversion, dann bietet sie ihm als Minnetrank das gewandelte Blut des Ewigen Lebens.“ (Kreis S. 87) Falls man Siegfried, Kriemhild und Hagen so interpretiert, wie es Kreis tut, was ich ja nur in engen Grenzen nachvollziehen kann, dann erscheint die Deutung des Hortes in diesem Sinn aus jüdischer Sicht plausibel, Kriemhilds Verhalten nachvollziehbar. Damit gewinnen auch die letzten Worte Hagens eine tiefgründige Bedeutung:„Den Schatz, den weiß jetzt niemand – außer mir und Gott. Der soll dir, du Teufelsweib, für immer verborgen bleiben.“ (Str. 2371)].

2.2.5 Weitere Textstellen, die Kreis aus jüdischer Sicht deutet
Kreis weist darauf hin, dass die Handelswege der Juden nach Osten mit der „Kreuzzugs- und Nibelungenlinie“ übereinstimmen. (Kreis S. 18) Das ist nicht überraschend, weil die Kreuzritter ebenso wie die Handel treibenden Juden natürlich das übliche Wegenetz nach Osten benutzten.
Für die Kleiderstrophen (Str. 362 ff.) bietet Kreis zwei verblüffende Deutungen an. „Man hat fast ein wenig den Verdacht, als habe der Dichter die Helden zu den Opfern des teuflischen Konsumterrors der Juden machen wollen“, so Kreis. (S. 31) Als weitere Deutungsmöglichkeit führt er aus:„Es könnte[...] auch sein, dass sich hinter den «Kleiderstrophen» die Nostalgie eines Dichters verbirgt, der sich der stabileren Zeiten des Erbadels und seiner «die Juden» nicht verteufelnden Marktpolitik erinnert“. (Kreis S. 47)
Die Geißel Alberichs (Str. 494) ist nach Kreis eine typische Kreuzzugswaffe. (Kreis S. 45)
An Etzels Hof sind viele Ritter aus der Gegend von Kiew. (Str. 1340) Kreis vermutet, dass es sich um aschkenasische Kaufleute gehandelt haben könnte. (Kreis S. 68)
Interessant finde ich die Interpretation des Streitgesprächs zwischen Blödel, dem Bruder von Etzel, und Dankwart, dem Bruder von Hagen. Blödel trat Dankwart, dem Marschall am Wormser Hof, der auch bei der Brautwerbung auf Isenstein dabei war (Str. 11 + 342), feindselig gegenüber. Er begründete es damit, dass Dankwart als Hagens Bruder „mit vielen anderen Rittern“ für Siegfrieds Ermordung durch seinen Bruder büßen müsse. Dankwart verteidigte sich mit dem Einwand, er sei damals noch ein Kind gewesen. Aber Blödel wies darauf hin, dass Dankwart ein Verwandter Hagens und Gunthers sei und mit seinen Knappen büßen müsse. (Str. 1923 – 1925) Nibelungenliedforscher haben es als Unachtsamkeit des Dichters angesehen, dass Dankwart behauptete, damals ein Kind gewesen zu sein. Kreis deutet die Textstelle wie folgt:„Was auf der Bildebene des Textes eine Ungereimtheit ist, war es auf der Sachebene nicht. Da war der, für den Dankwart damals tausendfach stand, ungeboren schon das unschuldig beschuldigte Kind der mindestens 35. Generation. Allzu offensichtlich geht es dem Dichter gerade in dieser Episode darum, in dem Komplex von «Minne und Massensterben» seine dritte und wesentlichste (bis heute übersehene) Komponente aufzudecken: die Kollektivschuld und ihre für beide Religionen verheerenden Folgen.“ (Kreis S. 76) Damit geht Kreis auch auf den möglichen Einwurf ein, Kriemhild/Ecclesia habe ja nicht nur Juden, sondern vor allem auch Christen in den Tod geschickt. An anderer Stelle verweist er auf die grausame Vernichtung der Kreuzritter in der Schlacht von Hattin (1187), die er mit anderen Nibelungenliedinterpreten im Burgunderuntergang widergespiegelt sieht. (Kreis S. 15/16) Dort hatten Saladins Bogenschützen mit Feuerpfeilen das Gras des Schlachtfeldes in Brand gesteckt, so dass die Kreuzritter wie die Burgunder von Hitze, Rauch und Durst gequält wurden.
Zwar betont Kreis immer wieder, wie sehr das Nibelungenlied eine Reaktionsbildung auf den aggressiven Antijudaismus sei, aber er räumt auch ein, dass es im Epos Beispiele für eine friedliche Koexistenz von Christen, Juden und Heiden gebe. Neben dem schon gedeuteten Verhältnis zwischen dem Christen Rüdiger und dem Juden Hagen, zwischen ihm und dem christlichen Königshaus führt Kreis als weitere Beispiele zu Recht das ritterliche Verhalten Dietrichs von Bern an und die Toleranz des Bischofs von Passau, der keinen Anstoß daran nahm, dass der Christ Rüdiger dem Heiden Etzel diente und Kriemhild einen Heiden heiratete. Ausführlich schildert Kreis die multikulturelle Toleranz Etzels. Er folgert aus diesen Beispielen von Toleranz:„Es muss Christen gegeben haben, die der Fremden-Gerechtigkeit der königlich-kaiserlichen Gesetze damals mehr gehorchten als den Hörigen Roms. Es muss sie gegeben haben in Worms so gut wie in Passau oder Regensburg, Städten, zwischen denen es jüdischerseits enge Beziehungen gab. Anders hätte sie der unbekannte Nibelungenlieddichter nicht so unmittelbar wirklich und beeindruckend glaubhaft gestalten können.“ (Kreis S. 97) – Für das Verhalten Etzels sieht er Vorbilder in Heinrich IV., Barbarossa, den ungarischen Königen und Saladin in seinem Verhalten gegenüber Christen und Juden nach dem Sieg von Hattin. (Kreis S. 68/69)

2.2.6 Autorintention und Täterprofil des Dichters
Nach Kreis kann der Nibelungen-Code nur entschlüsselt werden unter Zuhilfenahme der Sicht der jüdischen Geschichtsschreibung auf die christlich-jüdischen Beziehungen vor der Entstehung des Nibelungenliedes, also vor 1200. (Kreis S. 96) Kreis versteht das Nibelungenlied – wie schon mehrfach betont – als Reaktionsbildung auf diese Beziehungen (Kreis S. 85), als ein Anti-Kreuzzugs-Epos von höchstem Rang. (Kreis S. 112) Seine Interpretation hält er weitgehend nicht für ein Gedankenexperiment, für eine hypothetische Interpretation aus jüdischer Sicht, sondern für die erstmalige Offenlegung der wahren Autorintention, die seine Vorgänger in der Nibelungenliedforschung seiner Meinung nach nicht erkennen konnten, weil sie Zusammenhänge nicht durchschauten (Kreis S. 41, 55), Wichtiges übersahen. (Kreis S. 12, 41, 44, 48, 52, 85) Er behauptet, das Nibelungenlied sei kein Produkt des Hasses; seine Ironie, gesteigert zum Sarkasmus, zeuge – selbst noch in der Groteske – vom Gegenteil. (Kreis S. 41, 106)
Wenn man das Nibelungenlied so wie Kreis versteht, muss man einräumen, dass der Dichter über einen beispiellosen Mut im Angesicht der damals herrschenden Gewalten verfügen musste. (Kreis S. 91) Vorsichtigerweise habe er vielleicht deshalb seinen Namen nicht preisgegeben. (Kreis S. 36)
Die meisten Nibelungenliedforscher sind der Meinung, die B-Fassung stehe dem Original am nächsten. In der C-Fassung und in der „Klage“ wird Hagen stark verteufelt und Kriemhilds Schuld überdeutlich abgeschwächt. Kreis vermutet, dass man die Brisanz der B-Fassung erkannt und in der C-Fassung versucht habe, im christlichen Sinne aus Hagen den Bösewicht und aus Kriemhild sein Opfer zu machen. (Kreis S. 91)
Dass kein Kleriker, kein Spielmann oder Ministeriale nach Kreis das Epos verfasst haben kann, versteht sich von selbst. (Kreis S. 35) Der von Hagen in die Hochwasser führende Donau geworfene Kaplan gelangte lebend ans Ufer. Nur ein christlicher Autor – sollte man meinen – hätte kommentieren können:„Die Hand Gottes half ihm.“ (Str. 1579) Kreis dagegen vermutet in diesem Kommentar „die grimmige Ironie“ des Nicht-Christen. (Kreis S. 69) - Ebenso kann es kein Heide gewesen sein. Für ihn wäre der Zugang zu den bei Kreis vorausgesetzten genauen Kenntnissen des christlich-jüdischen Verhältnisses der damaligen Zeit und der Schriften beider Religionen nicht denkbar gewesen. (Kreis S. 66) Kreis schließt zwar die Möglichkeit nicht aus, dass der Dichter ein Christ, ein Deutscher war - dann aber einer der «Gerechten unter den Völkern» (Kreis S. 113).- In der Schilderung der Saalbrandepisode rühmt Kreis die „naturalistisch erinnerte Unmittelbarkeit.“ So habe sich die höfisch-ritterliche Welt um 1200 seit langem nur den Juden dargeboten. Daraus folgert er, die Urfassung des Nibelungenliedes könne eigentlich nur von einem Juden stammen. (Kreis S. 78) Diese Argumentation unterschätzt doch wohl die Fähigkeit eines Dichters vom Niveau des Nibelungenliedautors, auch Situationen plastisch schildern zu können, die er selbst nicht erlebt hat, ganz abgesehen davon, dass sicherlich auch Christen damals bei feindlichen Übergriffen in brennenden Räumen um ihr Leben kämpfen mussten.
Als Autor zieht Kreis einen jüdischen Konvertiten in Betracht, der sein großes Wissen in den Dienst der Kirche stellte und möglicherweise wieder zum jüdischen Glauben zurückkehrte, ein „Bewanderter in beiden Welten.“ (Kreis S. 66) Es spricht aber nach ihm sehr viel mehr dafür, dass es ein nicht konvertierter Jude war. Den Einwand, dass ein Jude der damaligen Zeit keinen Zugang zur deutschen Literatur gehabt haben dürfte und nicht über die notwendige Sprachkompetenz verfügte, um eine Dichtung vom Rang des Nibelungenliedes verfassen zu können, würde Kreis mit einem Hinweis auf seine Ausführungen über die jüdisch-deutsche Literatur des Mittelalters entkräften, Ausführungen, die ich ausführlich kritisch dargelegt habe.
Für Kreis „wäre die These nicht abwegig, dass, wenn nicht Eleasar selbst, ein anderer aus dem uralten Geschlecht der Kalonymiden das Nibelungenlied verfasst – oder gefördert haben könnte, vielleicht anonym aufgrund seines Gehalts.“ (Kreis S. 106/107) - Die Kalonymiden, so auch Eleasar, waren bekannte Chasside Aschkenas. Eleasar hinterließ als Rabbiner und vielseitiger anerkannter jüdischer Gelehrter und Dichter viele Werke in hebräischer Sprache. Geboren um 1165 wohl in Mainz, flüchtete er 1188 wegen Ausschreitungen im Zusammenhang mit der Ausrufung des 3. Kreuzzuges für 3 Monate mit den meisten Gemeindemitgliedern nach Münzenburg. Um 1190 wurde er Rabbiner, Lehrer und Vorbeter in Worms. 1196 drangen 2 Kreuzfahrer in sein Haus, töteten seine beiden Söhne und seine Frau, verwundeten ihn, seinen Hauslehrer und seine Schüler. (63) Bemerkenswert ist, dass er diese Vorgänge später ohne Hass gegen seine Feinde aufzeichnete, was als Zeichen großer Liebeskraft und Humanität des Judentums gewertet wird. (64) - Für Kreis verkörpert Hagen – wie von mir bei seiner Charakterisierung dargelegt - wie Eleasar den Chassid der Kreuzzugszeit (Kreis S. 95, 106)) und ist möglicherweise das Sprachrohr des Verfassers. (Kreis S. 62) Das veranlasst Kreis, Eleasar als Nibelungenlieddichter in Erwägung zu ziehen. (Kreis S. 106/07)
Kreis ist es bei seiner kühnen Vermutung offenbar nicht sehr wohl, denn er fährt relativierend fort:„Es könnte auch sein, dass das Manuskript, in der hebräischen Raschi-Schrift geschrieben, nur intern unter den jüdischen Gelehrten kursierte, ehe es vielleicht Plünderern in die Hände fiel, von deren Vorgesetzten es wiederum konfisziert und von einem Kenner des Hebräischen umgeschrieben und wieder und wieder bearbeitet wurde.“ (Kreis S. 107)
Mit solchen durch keine Quellen nachvollziehbaren Spekulationen lässt sich keine wissenschaftlich ernst zu nehmende Aussage über den Dichter des Nibelungenliedes treffen.
Im Untertitel seiner Abhandlung und am Schluss (Kreis S. 113) spricht Kreis zurückhaltend auch nur noch von einem Täterprofil.


3. Beurteilung der Abhandlung

Beim ersten flüchtigen Lesen hatte ich den Eindruck, dass es sich um eine seriöse wissenschaftliche Untersuchung mit einer ganz neuen Fragestellung zum Nibelungenlied handelte, mit der zu befassen sich lohnte. Das Buch erschien im Verlag Königshauen & Neumann, der wissenschaftliche Werke verlegt. Es enthält einen umfangreichen wissenschaftlichen Apparat und zeichnet sich weitgehend durch sehr anspruchsvolle fachsprachliche Formulierungen aus.
Bei näherer Beschäftigung musste ich mein Urteil relativieren.
So enthält das Buch Nachlässigkeiten bei Hinweisen auf Quellen. Z. B. führen die Seitenangabe der Anmerkung 7 und die beiden Seitenangaben der Anmerkung 16 (Haymes: Das Nibelungenlied) nicht zum erwarteten Beleg. Bei der Nibelungenliedausgabe von Grosse mit ihrem Kommentar hält Kreis fälschlich achtmal die Strophenzählung für völlig unübliche Verszählung. (65) Schlimmer noch: In Anmerkung 97 verweist er auf den Kommentar Grosses zu Vers 1901, d. h. Strophe 1901. Dort findet sich das erwartete Zitat, aber in einem völlig anderen Zusammenhang. Grosse kommentiert das Verhalten Dietrichs von Bern und nicht Hagens Minnetrinken, wie Kreis behauptet.
Dem durchweg sehr wissenschaftlichen Stil stehen wiederholt sehr saloppe und daher unpassende Formulierungen gegenüber. So ist der „minnedienstlich ferngesteuerte Siegfried“ (S. 87) „runderneuert durch Drachenblut.“ (Kreis S. 31) „Der hochinspirierter Flachkopf“ (Kreis S. 64) erfreut sich „metaphysischer Zutaten.“ (Kreis S. 87) Als „stuntman“ (Kreis S. 50) überwältigt er Brünhild und tritt vor seiner Ermordung „nicht nur als Menschenjäger, sondern auch als Großwildjäger in Aktion.“ (Kreis S. 90) Bekanntlich fängt er einen Bären, und ehe er ihn tötet, „zieht er mit ihm eine Zirkusnummer ab.“ (Kreis S. 90) Es ist bezeichnend für Kreis, dass er sich solche Stilbrüche nicht bei dem Juden Hagen erlaubt.
Nachlässigkeiten finden sich auch bei Zeitangaben, gravierend die falschen Daten vom 3. Kreuzzug und dem Tod Friedrich Barbarossas.
Ich kann und will nicht die Schuld der Kirche und der von ihr geprägten Eliten am Antijudaismus und seinen schrecklichen Folgen bis hin zum Holocaust kleinreden. Aber die Ausführungen von Kreis zu diesem Thema erscheinen mir einseitig, tendenziös. Nach ihm genossen die Juden die von Heinrich IV. und Friedrich Barbarossa gewährten Rechte gegen den „erbitterten Widerstand der Kirche.“ (Kreis S. 18) Er spricht vom „Verfassungsbruch, wie ihn die Kirche auf dem Wege des Investiturstreits machtpolitisch gegen die Judenpolitik der Könige durchsetzte.“ (S. 96) Durch den Investiturstreit und seinen Ausgang im Wormser Konkordat, durch den gescheiterten Versuch Heinrichs VI., die Königswürde erblich zu machen, durch die Konzilien, vor allem das von 1215 mit seiner Transubstantiationslehre, seien die von den Königen den Juden gewährten Privilegien immer mehr ausgehöhlt worden. (Kreis S. 25 + 43) Kreis spricht vom „ersten großen europäischen Propagandakrieg der Bilder, den die Weltmacht Kirche im Mittelalter gegen die «Mörder Christi» mobilisierte, dessen Medialität zur Entstehungszeit des Epos um 1200 bereits massenmörderische Wirklichkeiten geschaffen hatte.“ (Kreis S. 7) Konsequenterweise ist er der Meinung, dass die „alten Deutschen“ nicht die Feinde der aschkenasischen Juden waren. (Kreis S. 7) Das Nibelungenlied – so Kreis – setzte der wechselseitig einander befruchtenden Koexistenz ebenso ein Denkmal, wie es die von außen hereinbrechenden Gründe ihrer Zerstörung dokumentierte. (Kreis S. 111) Bei der Deutung des Nibelungenliedes müsse man reden über „die Gründe einer verspielten Symbiose, die niemals ihren Sitz im Volkscharakter der Deutschen hatten.“ (Kreis S. 113, Schlusssatz der Abhandlung)
Unwissenschaftlich ist es, vom Antijudaismus einer Zeit, die ein Jahrhundert und mehr nach Entstehung des Nibelungenliedes liegt, auf den Antijudaismus um 1200 zu schließen, zumal man in wissenschaftlichen Darstellungen immer wieder lesen kann, dass sich die Beziehung der Christen den Juden gegenüber seit dem ausgehenden !3. Jahrhundert drastisch verschlechterte. Zur einseitigen Verbindung von Passionsmystik und Judenhass, der zu Pogromen führte, habe ich im Abschnitt über das Zusammenleben von Juden und Christen Stellung bezogen.
Mein Haupteinwand besteht darin, dass Kreis, wenn es um das Nibelungenlied geht, immer wieder nur einzelne Episoden deutet, wobei er das Ganze aus den Augen verliert und so zu Schlüssen gelangt, die dem Nibelungenlied als Gesamtkunstwerk nicht gerecht werden. Seine Überlegungen zur Autorschaft münden (Kreis S. 107) in pure Spekulation.
Kreis kann nur kühn darüber spekulieren, dass um 1200 nicht nur ein Transfer mittelalterlich-christlicher Literatur in den jüdisch-kulturellen Kontext möglich war, wie er erst seit dem späten 13. Jahrhundert nachweisbar ist, sondern ein jüdischer Autor sogar in der Lage war, disparate germanische Sagenstoffe und mündlich überlieferte historische Ereignisse zu einem so komplexen Ganzen zu vereinigen, dazu noch als getarnte Reaktionsbildung auf das Schicksal der Juden in Deutschland im 11. und 12. Jahrhundert.
Bei aller Kritik erkenne ich an, dass Kreis anschaulich Aspekte der damaligen jüdischen Sicht auf die Reichsgeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts, auf die Beziehung der Juden zum Christentum, vor allem die jüdische Reaktion auf die Übergriffe und Pogrome schildert. So könnte seine antikirchliche Deutung der Beziehung zwischen Kirche und Juden aus dem Blickwinkel der Juden um 1200 nachvollziehbar sein. Allerdings hätte er viel unmissverständlicher auf diese Perspektivität hinweisen müssen. Es wäre noch bes¬ser gewesen, seine einseitigen Darstellungen als jüdische Sichtweise zu belegen. - Hätte er - ausgehend von dieser Darstellung aus jüdischer Sicht – aufgezeigt, wie die Juden damals möglicherweise bestimmte Passagen des Nibelungenliedes entgegen der Autorintention deute¬ten, wäre das ein aufschlussreicher – wenn auch spekulativer – Beitrag zur Re¬zeptionsgeschichte gewesen.
Schade, dass Kreis diese Chance vertan hat.


Literaturangaben


(alle Zitate der ab 2006 gültigen amtlichen Regelung der Rechtschreibung und Zeichensetzung angepasst.)

Textgrundlage
Kreis, Rudolf: Wer schrieb das Nibelungenlied? Ein Täterprofil, Königshausen & Neumann 2002
Zur Vereinfachung der Quellenverweise habe ich Belege aus diesem Werk mit Seitenangaben in Klammern im Vortrag an der jeweiligen Stelle eingefügt.

zitierte Nibelungenlied-Ausgabe
Grosse, Siegfried: Das Nibelungenlied - Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch nach dem Text von Karl Bartsch und Helmut de Boor, von Grosse ins Neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert, Reclam Stuttgart 2003

Sekundärliteratur
Baeck, Leo: Das Wesen des Judentums, Melzer Köln 6. Aufl. 1960 [1.Aufl. 1905]
Barnavi, Eli (Hrsg.): Universalgeschichte der Juden, Brandstätter Wien 2003
Bönnen, Gerold (Hrsg.): Geschichte der Stadt Worms Theis Stuttgart 2005
Brackert, Helmut: Das Nibelungenlied - Mittelhochdeutscher Text und Übertragung mit einem Anhang Band 1 + 2, Fischer Taschenbuch Frankfurt/Main 1970/71
Breuer, Jürgen: Historische Siegfriedfiguren in: Siegfried – Schmied und Drachentöter, Worms 2005 S. 34 - 51
De Boor,Helmut und Newald, Richard: Geschichte der deutschen Literatur: Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Band 2: Die höfische Literatur, 4. erweiterte Auflage, Beck München 1960
Ehrismann, Otfrid: Das Nibelungenlied: Epoche – Werk – Wirkung, neu bearbeitete 2. Auflage, Beck München 2002
Elbogen,I. – Freimann,A. – Tykocinski, H. (Hrsg): Germania Judaica Bd. I, photomechanischer Nachdruck, Tübingen 1963
Frey, Winfried: Das Bild der Synagoge im Liber Scivias Hildegards von Bingen, in: Medievales 10 Autour de Hildegarde von Bingen. Actes du colloque du Centre d’Etudes Médiévales de l’Université de Picardie – Jules Verne, Saint-Riquier, 5.-8. Décembre 1998 Publiés par les soins de Danielle Buchinger Avec la collaboration de Kerstin Koch. Amien 2000 (Die Literaturangabe wurde der Abhandlung von Kreis S. 21 unverändert übernommen.)
Gidal, Nachum T.: Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik, Gütersloh Bertelsmann 1988
Haymes, Edward: Das Nibelungenlied, Geschichte und Interpretation, fink München 1999
Hiestand, Rudolf: Juden und Christen in der Kreuzzugspropaganda und bei den Kreuzzugspredigern in: Haverkamp, Alfred (Hrsg): Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge , Siegmaringen 1999 S. 153 – 208
Hildegard von Bingen: Wisse die Wege, ins Deutsche übertragen und bearbeitet von Maura Böckeler, Müller Salzburg, 1954
Jaeger, Achim: Ein jüdischer Artusritter – Studien zum jüdisch-deutschen «Widuwilt» («Artushof») und zum «Wigalois» des Wirnt von Gravenberc, Niemeyer Tübingen 2000
Jens, Walter (Herausgeber): Kindlers neues Literaturlexikon, Studienausgabe Bd. 18 + 19, Kindler München o. J. (im Text- und Datenbestand identisch mit der Originalausgabe von 1988 – 1992)
Konstam, August: Die Kreuzzüge, Tosa Wien, 2005
Kreis, Rudolf: Antisemitismus und Kirche – In den Gedächtnislücken deutscher Geschichte mit Heine, Freud, Kafka und Goldhagen, Rowohlts Enzyklopädie Hamburg 1999
Lotter, Friedrich: Tod oder Taufe in: Haverkamp, Alfred (Hrsg): Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge , Siegmaringen 1999 S. 107 - 152
Oberste, Jörg: Der Schatz der Nibelungen – Mythos und Geschichte, Lübbe 2008
Radler, Rudolf (Chefredakteur): Kindlers neues Literaturlexikon Bd. 18, München Verlag Kindler, 1988
Reichert, Hermann: Nibelungen-Lehrwerk, Praesensverlag Wien 2009
Reuter, Fritz: Warmaisa: 1000 Jahre Juden in Worms, 3. Auflage, Books on Demand 2009
Schoeps, Julius (Herausgeber): Neues Lexikon des Judentums, Bertelsmann 1992
Schreckenberg, Heinz: Die Juden in der Kunst Europas, Göttingen, Freiburg, Basel, Wien, 1996
Schulze, Ursula: Das Nibelungenlied, Stuttgart Reclam 1997
Schütz, Friedrich (Bearbeiter): Juden in Mainz – Katalog zur Ausstellung der Stadt Mainz, Stadtverwaltung Mainz 1978
Spille, Irene: Dominikanerkloster St. Paulus Worms, Schnell & Steiner, 4. neu bearbeitete Auflage, Regensburg 2006
Waltharilied – Urtext der lateinischen Dichtung, Seldwyla-Verlag Bern 1922


Anmerkungen


1) Grosse S. 983 - 987
2) Oberste S. 172 + S. 177 ff.
3) Oberste S. 184
4) Grosse S. 1006
5) Oberste S. 184
6) Brackert Bd. 1 S. 289 + Oberste S. 1013/14
7) Breuer S. 49
8) Schulze S. 23 – 29
Vorbemerkung zu 2.1:
Zur Darstellung des christlich-jüdischen Verhältnisses benutze ich neben der Abhandlung von Kreis, wie aus den Fußnoten ersichtlich, vor allem 2 Standardwerke, die objektiv oder aus jüdischer Sicht darstellen: Germania
Judaica Bd. 1, 1934 herausgegeben von der Gesellschaft zur Förderung des Judentums, vom Leo-Baeck-Institut als photomechanischen Nachdruck 1963 besorgt, und Neues Lexikon des Judentums von 1992, herausgegeben von Julius Schoeps mit Beiträgen von über 100 Wissenschaftlern aus 14 Ländern, unter ihnen namhafte Historiker, Religions- und Kulturwissenschaftler.
9) Reuter S. 18
10) Reuter S. 22 - 26
11) Reuter S. 34
12) siehe auch: Schütz S. 28
13) Reuter S. 34 + 36
14) Reuter S. 20/21
15) Barnavi S. 98
16) Hiestand S. 156
17) siehe auch: Gidal S. 46
18) Schoeps S. 71
19) Schoeps S. 494
20) Schoeps S. 23
21) siehe auch: Schoeps S. 494
22) Konstam S. 46/47
23) Nach eigenen Angaben stammen die Zitate aus Hildegards Scivias bei Kreis
aus der in der Sekundärliteratur angegebenen Arbeit von Frey –
Seitenangaben fehlen.
24) Hildegard von Bingen S. 138
25) Hildegard von Bingen S. 137
26) Schreckenberg S. 72
27) Schreckenberg S. 18 + S. 47
28) Schreckenberg S. 45
29) Spille S. 22/23
30) siehe auch: Schreckenberg S. 65
31) Kreis: Antisemitismus Bildtafeln 6 + 7
32) Hiestand S. 165
33) Lotter S. 107 – 152, insbesondere S. 121
34) Hiestand S. 207
35) Konstam S. 50
36) Reuter S. 31
37) Schütz S. 26
38) Schütz S. 26
39) Elbogen S. 178 -180
40) siehe auch: Barnavi S. 108
41) Schütz S. 41
42) Bönnen S. 155
43) Schütz S. 28
44) Schütz S. 28 + Elbogen S. 181/82
45) Elbogen S. 440/41
46) siehe auch: Gidal S. 64
47) Gidal S. 65
48) Schoeps S. 438
49) siehe auch : Gidal S. 49
50) Jens Band 18 Dukus Horant: S. 501, Kudrun-Epos: S. 923 - 925
51) Jens Band 19 S. 355/56
52) Jaeger S. 32
53) De Boor S. 223
54) Grosse S. 745 : Heinrich von Morungen
55) Grosse S. 1012
56) Grosse S. 767
57) Reichert S. 82
58) siehe auch: Barnavi S. 108
59) Oberste S. 20/21
60) Schoeps S. 19
61) Ehrismann S. 71
62) Ehrismann S. 90
63) Elbogen S. 442 + S. 453/54
64) Baeck S. 240 f.
65) folgende Anmerkungen von Kreis: 11, 57, 76, 77, 87, 88, 89, 93, 97